Angst vor den Anderen
Studie: Viele Jugendliche leiden unter sozialen Ängsten
Welch grauenhafte Situation: Ihr habt das Referat supergut vorbereitet, seid alle Punkte nochmal gewissenhaft durchgegangen und habt sogar vor dem Spiegel die passende Körperhaltung ausprobiert - und dann das Desaster: Ihr steht vor der Klasse, 30 Augenpaare starren euch an. Euch stockt der Atem. Kein Wort. Am liebsten würdet ihr einfach nur abhauen.
Das, was diese Situation hervorgerufen hat ist kein normales Lampenfieber, sondern nennt sich im Fachjargon "Soziale Phobie". Was hier beschrieben ist, erleben viele Jugendliche: Sie haben dauerhafte und übertriebene Angst vor Begegnungen mit anderen, insbesondere ihnen nicht bekannten Menschen und vor Leistungsanforderungen. Deshalb vermeiden sie zunehmend Situationen, die soziale Begegnungen und Leistungen von ihnen verlangen.
Soziale Phobien sind bei Heranwachsenden zwischen 14 und 20 Jahren weit verbreitet. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie der Goethe-Universität, an der über 600 Jugendliche verschiedener Schulen in Frankfurt und im Landkreis Darmstadt-Dieburg teilnahmen. Sie wurden unter anderem befragt, ob sie Ängste vor Begegnungen mit Menschen und vor Situationen entwickeln, in denen Leistungen von ihnen erwartet werden. Bei 13 Prozent der Befragten fanden die Frankfurter Wissenschaftler Hinweise darauf, dass eine soziale Phobie vorliegt.
*Jugendliche "vom Land" etwas weniger ängstlich*
Mit 10,6 Prozent gegenüber 17 Prozent ist der Anteil „hoch-sozial-ängstlicher“ Schüler aus ländlichen Gebieten etwas geringer als in den städtischen Bezirken. In dieser Gruppe sind Mädchen mit 59 Prozent stärker vertreten als Jungen; Unterschiede zwischen den Schulformen stellten die Forscher nicht fest. „Diese psychische Störung ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter, wobei soziale Ängste mit einem hohen Risiko für einen vorzeitigen Schulabbruch einhergehen“, erläutert die wissenschaftliche Geschäftsführerin der Verhaltenstherapieambulanz, Dr. Regina Steil. Circa fünf bis zehn Prozent aller Jugendlichen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer sozialen Phobie. „Außerdem haben diese Jugendliche Schwierigkeiten, Freundschaften aufzubauen oder später beruflichen Erfolg zu haben“, ergänzt Diplom-Psychologin Franziska Schreiber.
*Soziale Phobien können erfolgreich behandelt werden*
Die Befragung und ihre Auswertung liefern den Frankfurter Wissenschaftlern wichtige Anhaltspunkte für die Therapie der Jugendlichen, die stark an sozialen Ängsten leiden. „Die gute Nachricht ist, dass soziale Phobien erfolgreich behandelt werden können“, so Steil. Dennoch gab es bislang nur sehr wenige Behandlungsstudien bei Jugendlichen mit sozialer Phobie in Deutschland, welche die Wirksamkeit psychotherapeutischer Therapien untersuchen. Aus diesem Grund wird nun im Rahmen einer großangelegten Therapieforschungsstudie unter anderem an der Goethe-Universität ein Wirksamkeitsvergleich von zwei in der Praxis häufig eingesetzten Therapieverfahren durchgeführt, wofür noch jugendliche Studienteilnehmer im Alter zwischen 14 und 20 Jahren gesucht werden, die an Symptomen der sozialen Phobie leiden.
Autorin / Autor: Redaktiion / Pressemiteilung - Stand: 21. September 2011