Appen mit Smileys

Die Ruhr-Universität Bochum untersuchte, wie wir Emojis verstehen

© RUB, Marquard

Daumen, Herzchen, Smileys - unsere Unterhaltungen in Messengern bestehen immer häufiger aus einer Aneinanderreihung von Emojis. Sogar Dinge, Tiere und ganze Sachverhalte lassen inzwischen mit den kleinen Bildchen ausdrücken. Und das interessante ist: obwohl es sich nur einen Wortersatz handelt, hindern uns Emojis nicht daran, einen Satz zu verstehen. Aber wie funktioniert das? Interpretieren wir das Emoji als Bild oder als Wort? Um das herauszufinden, hat ein Forschungsteam Testpersonen Texte mit Emojis lesen lassen und gemessen, wie lange sie dafür brauchten. So kam heraus, dass das Verstehen mit Emojis im Satz ein wenig länger dauert als ohne. Wenn das Bildchen nicht exakt für das gemeinte Wort steht, sondern für ein anderes mit derselben Aussprache, brauchen wir sogar noch ein wenig mehr Zeit. Daraus schließt das Team, das das Verständnis über Umwege läuft: Zuerst wird das Bild interpretiert, dann auf das Wort zurückgeschlossen. Für die Arbeit kooperierte Prof. Dr. Tatjana Scheffler, Juniorprofessorin für Digitale Forensische Linguistik am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB), mit einem Team der Universität Potsdam und der Charité - Universitätsmedizin Berlin.

Tür-Schloss oder Prinzessinnen-Schloss?

"Wie wir vermutet hatten und wie es auch andere Studien nahelegen, wurden Emojis anstelle von Substantiven gut verstanden", berichtet die Wissenschaftlerin. Die Verständnisfragen wurden nach den Sätzen mit Emojis mindestens gleich häufig korrekt beantwortet wie nach denselben Sätzen ohne Emojis.

Emojis machen zwar über das Bildchen einen Umweg beim Verständnis des Gelesenen, aber wenn wir normale Wörter lesen, gelangen wir häufig auch nicht direkt zur Bedeutung. Denn Wörter haben auch andere Eigenschaften, die beim Lesen aktiviert werden, wie zum Beispiel ihre Aussprache. So gibt es Phänomene wie die Homophonie: Zwei Wörter besitzen die gleiche Aussprache, haben aber unterschiedliche Bedeutungen. Ein Beispiel dafür ist das Prinzessinnen-Schloss und das Tür-Schloss. "Wir haben daher auch Sätze lesen lassen, in denen das Emoji nicht das gemeinte Objekt, sondern sein Homonym abbildet", so Tatjana Scheffler.

"Wir konnten zeigen, dass auch in diesen Beispielen die Sätze fast immer richtig verstanden wurden", so Ivan Nenchev, Koautor der Studie. "Das zeigt, dass das Emoji tatsächlich zu einem kompletten ,Lexikon-Eintrag' aufgelöst werden kann, der auch die Aussprache-Information enthält. Von dieser kommen die Probandinnen und Probanden dann auf die andere, homophone Bedeutung."

Der Umweg über das Bild dauert

Allerdings konnten die Forscher_innen auch zeigen, dass die Lesezeiten von Texten mit und ohne Emoji sich stark unterscheiden. Die durchschnittliche Lesezeit für ein ausgeschriebenes Wort in der Position ist etwa 450 Millisekunden, für ein passendes Emoji rund 800 Millisekunden und für ein Emoji, welches ein homophones Wort zeigt, über 900 Millisekunden.

Daraus schließt das Forschnungsteam, dass wir beim Lesen von Emojis zunächst das Bild interpretieren müssen. Emojis sind generell weniger bekannt und ungewöhnlicher und daher weniger schnell lesbar als geschriebene Wörter. "Das wird auch dadurch belegt, dass die Proband_innen, die nach ihrer Selbsteinschätzung Emojis häufiger verwenden, die inhaltlich passenden Emojis auch durchschnittlich schneller lesen", erklärt Tatjana Scheffler. Weil die Emojis aber ebenfalls wie die Wörter zu einer bestimmten Aussprache aufgelöst werden, werden auch die homophonen Emojis gut verstanden. Das dauert aber wiederum länger, weil die visuelle Information unterdrückt wird und die Bedeutung des homophonen Wortes aufgerufen werden muss. "Dabei ist dann auch die Gewöhnung an Emojis nicht mehr behilflich. Die Testpersonen, die Emojis häufiger benutzen, sind bei den homophonen Emojis genau so langsam wie die anderen", fasst Tatjana Scheffler zusammen.

Die Studie ist in Computers in Human Behavior vom 25. Oktober 2021 veröffentlicht.

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