Ausgegruschelt

schülerVZ geht Ende April offline

Es hat sich offenbar ausgegruschelt - schülerVZ, eines der einst beliebtesten sozialen Netzwerke für SchülerInnen in Deutschland wird am 30. April 2013 endgültig abgeschaltet. Nach eigenen Angaben des Betreibers müssen noch etwa 200.000 verbliebene UserInnen nun ihre Daten sichern und irgendwo anders hin "umziehen" oder sie unwiederuflich löschen lassen.

Gut sechs Jahre lang, seit Februar 2007 konnten Jugendliche von 10 bis 21 Jahren sich beim Netzwerk anmelden, allerdings mussten sie zuvor von einem schon registrierten schülerVZ-Mitglied eingeladen worden sein, denn man wollte Erwachsene "aus Sicherheitsgründen" bewusst aus dem Netzwerk ausschließen.

Über 5 Millionen NutzerInnen soll schülerVZ nach eigenen Angaben in seinen Hochzeiten gehabt haben; damit hätten sie knapp 70 Prozent von 7 Millionen deutschsprachigen SchülerInnen erreicht. Es wurden Profile angelegt, Profile von anderen begutachtet, "gegruschelt", geflirtet - und auch gemobbt.

*Pornografische Bilder *
Schon nach wenigen Monaten tauchte der erste Skandal auf: es waren pornografische Bilder und ziemlich extreme Diskussionsbeiträge aufgetaucht, woraufhin mehr als 100 Diskussionsgruppen gesperrt und ca. 20 Mitglieder wegen jugendgefährdenden Inhalten verwarnt wurden. schülerVZ reagierte mit dem Einbau von Filtern, die die Inhalte nach unerwünschten Schlagworten durchsuchen sollten, um jugendgefährdende Inhalte schneller löschen zu können. Auch die Anzahl der MitarbeiterInnen, die das Internetportal nach bedenklichen Inhalten und nicht erlaubten Bildern durchforsten, sollte erhöht werden, um das Portal sicherer zu machen.

*schülerVZ-Profile ausgespäht*
Im Herbst 2009 machte das Netzwerk erneut Schlagzeilen, weil private Daten der Mitglieder "geklaut" worden waren. Mit einem automatischen Leseverfahren hatte ein Nutzer massenweise schülerVZ-Profile ausgespäht, private Daten kopiert und sie im Internet zum Download bereit gestellt. Zu den geklauten Informationen zählten unter anderem das Alter, Schule und Geschlecht sowie Privatfotos von zahlreichen Nutzern. Zwar waren Kontaktadressen wie Stadt, Name und Telefonnummer nicht kopiert worden, trotzdem galt der Fall als Datenmissbrauch in großem Stil.

*TÜV-Prüfzeichen für Datensicherheit*
Trotz der darauffolgenden Investitionen in den Datenschutz - wofür schülerVZ als erstes soziales Netzwerk sogar das TÜV-Prüfzeichen für Datensicherheit und Funktionalität erhielt - berichteten im Mai 2010 die Betreiber der Webseite netzpolitik.org, dass ihnen 1,6 Millionen Datensätze, etwa 30 Prozent aller Nutzerprofile des sozialen Netzwerks schülerVZ, zugespielt worden waren. Ein Student hatte testen wollen, ob die TÜV-Auszeichung verdient ist und die verbesserten Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich halten, was sie versprochen hatten. Zwar waren die Daten nicht in falsche Hände geraten, aber der Student hatte laut netzwerkpolitik.org die Betreiber von SchülerVZ auf die Datenlecks hingewiesen und angeboten, sie zu beseitigen. Nachdem er keine Reaktion erhalten hatte, wandte er sich dann an die Presse.

So ärgerlich die Daten-Pannen bei schülerVZ waren, eins machten sie dennoch sichtbar: Gerade jugendliche NutzerInnen müssen in sozialen Netzwerken, von denen sie glauben, dass sie hier "unter sich" sind, stärker geschützt werden. Und es muss eine verstärkte Aufklärungsarbeit geleistet werden, was seither viele Initiativen unermüdlich tun.

*Abwanderung zu Facebook*
Mit dem Hype von Facebook in Deutschland schrumpften die Nutzerzahlen von schülerVZ, ebenso wie die aller anderen VZ-Netzwerke. Durch intensive Veränderungen, wie der Überarbeitung der Software, ein anderes Design und der Einbindung von Spielen wollten die Betreiber den Mitgliederschwund aufhalten, aber die Abwanderung zu Facebook war nicht aufzuhalten. Ende April 2013 nun geht die Seite offline und alle Nutzerdaten werden gelöscht. schülerVZ schreibt an seine NutzerInnen: "im Gegensatz zu den ganzen Kettenbriefen, die wir stets mit `Ist gar nicht wahr!´ zurückgewiesen haben, stimmt diese Nachricht leider."

Und trotz der ganzen Negativschlagzeilen über schülerVZ, die auch LizzyNet nicht immer ohne Häme verfasst hat - irgendwie geht doch ein Stück Netzwerkgeschichte zu Ende, und auch uns ist ein bisschen komisch zumute, wenn wir die Verabschiedung des schülerVZ-Teams lesen: "Uns bleibt nichts Weiteres mehr, als euch zu danken, für sechs Jahre voller pinker Luftballons, Sofas, Krawall-Affen, Plaudereien, witzigen Gruppen, Aktionen und Konfetti. Es war die schönste Zeit für uns und wir hoffen, dass es das auch für euch war. Wir haben uns gefreut, euch eine Weile zu begleiten. Und statt dem üblichen “Lebewohl”, sagen wir: Man sieht sich."

Wie verabschiedest du dich von schülerVZ?

Autorin / Autor: Redaktion; - Stand: 10. April 2013