Ausgelagertes Gedächtnis?
Studie zum "Google-Effekt": Internet beeinflusst, wie wir uns Dinge merken
Wie hieß noch mal der Autor von "Schöne, neue Welt"? Wie lang hat die Bibliothek geöffnet? Wann endete der zweite Weltkrieg? Im Zeitalter der Suchmaschinen müssen wir uns solche Informationen nicht mehr merken, schließlich wissen wir, wo wir sie mit ein paar Klicks finden können. Warum also das Gedächtnis unnötig damit belasten? Tatsächlich können sich die meisten Menschen heute besser den Ort (im Internet) merken, wo sie eine Information finden, als die Information selbst. Die Psychologin Betsy Sprarrow von der Columbia University hat zu diesem "Google Effect" zusammen mit Kollegen von anderen Universitäten vier Experimente durchgeführt, die zeigen, dass wir nicht mehr im Kopf haben, was wir in den Fingerspitzen haben.
So sollten sich Testpersonen beispielsweise Aussagen merken, die ihnen am Computer eingeblendet wurden. Dabei wurde ihnen teilweise erklärt, die Informationen würden auf dem Computer gespeichert und könnten später von ihnen eingesehen werden, teilweise wurde gesagt, die Informationen würden nicht gespeichert. Die Testpersonen konnten sich die Aussagen schlechter merken, wenn sie glaubten, sie würden irgendwo gespeichert. In einer anderen Versuchsanordnung wurden Aussagen gezeigt und dazu wurden Informationen zum Speicherort auf dem Computer angegeben. Tatsächlich konnten sich die ProbandInnen hier besser den Speicherort merken, als den Inhalt des gespeicherten Inhalts.
Für Sparrow zeigen die Ergebnisse, dass ein besseres Verständnis der Funktionsweise des Gedächtnisses im Zeitalter der Suchmaschinen helfen kann, das Lehren und Lernen von Grund auf zu verändern. So könnten ProfessorInnen und LehrerInnen künftig weniger auf bloßes Auswendiglernen setzen und dafür mehr das Verstehen von Ideen und Denkweisen fördern.
Klingt doch toll, keine langweiligen Zahlen, Fakten, Daten mehr auswendiglernen, sondern verstehen, was dahinter steckt. Nur sollte es nicht so weit gehen, dass man sein Gedächtnis vollkommen auslagert. Bei einem längerfristigen Internet-Ausfall sähen wir dann nämlich möglicherweise ganz alt aus. Zumindest den eigenen Namen und den der wichtigsten Menschen im Umfeld sollte man auch im Suchmaschinen-Zeitalter immer parat haben ;-).
Die Ergebnisse der Studien erscheinen in der Fachzeitschrift Science.
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