Ball am Fuß statt Kaffeeservice
Allerspätestens seit der Europameisterschaft 2022 in England ist die deutsche Frauen-Nationalmannschaft beim Publikum angekommen. Obwohl die Weltmeisterschaft 2023 in Australien für die deutschen Fußballerinnen nicht besonders berauschend war, werden die Fans immer zahlreicher. Und trotzdem sind wir noch lange nicht auf einem so guten professionellen Stand, wie es andere Länder schon seit Jahren sind.
Dabei beginnt die Geschichte der Nationalmannschaft bereits spektakulär: 1981 wird in Taipeh zu einer Frauen-Weltmeisterschaft eingeladen, doch Deutschland hat noch keine offizielle Nationalmannschaft. Stattdessen wird die damals beste Mannschaft, die Frauen des SSG 09 Bergisch Gladbach, zur Weltmeisterschaft geschickt. In einem spannenden Turnier schaffen sie es, den Weltmeistertitel zu holen. Ab jetzt gibt es keine Ausreden mehr, eine Frauennationalmannschaft wird gegründet. Die Geschichte geht weiter. 1989 wird das erste Mal eine Europameisterschaft im eigenen Land ausgetragen. Auch hier kommt es zu einem überraschenden Sieg der deutschen Frauen. Der DFB überlegt, was man den Frauen zum Sieg schenken könnte. Dann kommt die zündende Idee. Wie wäre es denn mit einem Kaffeeservice von Villeroy & Boch? Gesagt, getan. Dies ist bezeichnend für die schlechteren Bedingungen im Frauenfußball, die leider auch heute noch vorherrschen. Und das, obwohl die deutsche Frauennationalmannschaft seit ihrer Gründung 1982 zwei Mal die Weltmeisterschaft, acht Mal die Europameisterschaft und ein Mal Olympia gewinnen konnte.
Es geht auch ums Geld
Wenn man den Männer-Fußball verfolgt, weiß man genau, worum es geht: Viel Geld. Es gibt jedes Jahr neue Rekordsummen, die Vereine für Spieler ausgeben. Die Höhe der Summen scheint kein Limit zu kennen. Der teuerste Spieler aller Zeiten wechselte in der Saison 2017/2018 für stattliche 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain. Von diesen Summen ist der Frauenfußball noch weit entfernt. Der teuerste Wechsel scheint bis heute im Jahr 2020 Pernilla Harder zu sein, die für 350.000 Euro vom VFL Wolfsburg zum FC Chelsea ging. Und die Sache mit dem Geld ist wichtig. Dabei geht es auch hier aufwärts. Durch weniger Zuschauerinteresse und kleinere Werbedeals war es vor ein paar Jahren noch kaum einer Spielerin der ersten Bundesliga möglich, von ihrem Fußballer-Gehalt zu leben. Viele Frauen hatten nebenher einen zweiten oder sogar dritten Job. Das ist glücklicherweise weniger geworden, trotzdem können immer noch nicht alle Spielerinnen von ihrem Fußballer-Gehalt leben. Schaut man in die Profiligen darunter, bekommen manche Spielerinnen immer noch nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung. Lina Magull, deutsche Nationalspielerin, forderte während des Booms der Europameisterschaft 2022 in England einen Mindestlohn für die Spielerinnen der ersten beiden Profiligen. Diese Forderung ist bisher allerdings nicht erfüllt worden. Einen Fortschritt sieht man auch in der Professionalität. Immer mehr Erst-Liga-Vereine schaffen es, ein professionelles Umfeld und professionelle Bedigungen zu schaffen, um sowohl die Frauen als auch den Nachwuchs bestmöglich zu fördern.
In anderen Ländern ist man weiter. Seit 2020 gibt es acht von 159 Verbänden, die keinen Unterschied mehr bei der Bezahlung machen. So wird zum Beispiel in England, Brasilien oder Norwegen den weiblichen Spielerinnen genauso viel gezahlt wie den männlichen. Auch bei der Ausschüttung von Preisgeldern oder Zulagen gibt es dort nun Gleichbehandlung. Die Gehälter werden angeglichen. Neben diesen drei Nationen bezahlen auch Neuseeland, Australien, Finnland, Spanien und Fiji alle ihre Spielenden gleich. Es scheint also Länder zu geben, die zeigen, wie es gehen kann, wenn man nur will.
Es spielen immer mehr
Auch im Nachwuchs nehmen die Zahlen der Mädchen in Fußballmannschaften zu. Mitte 2023 waren insgesamt 845.664 Frauen und 326.121 Mädchen unter 16 Jahren in deutschen Vereinen angemeldet. Es gab insgesamt über 8.000 Frauen- und Mädchenmannschaften, die am Ligabetrieb teilgenommen haben. Von den oben genannten Zahlen spielen aktiv ca. 100.000 Frauen und 100.00 Mädchen in den Mannschaften. Diese Zahlen scheinen schon enorm und auch das Wachstum in den Vereinen scheint noch lange nicht vorbei. Der Hype um den Frauenfußball nimmt immer mehr zu, es wird professioneller, und es gibt immer mehr Zuschauende.
Wie war es bei mir?
Ich habe bereits mit acht Jahren angefangen, in einem Fußballverein bei mir um die Ecke zu spielen. Ich hätte mehrmals in meiner Jugend zu höher spielenden Vereinen wechseln können, darunter Bayer 04 Leverkusen, 1. FC Köln oder Fortuna Köln. Als kleines Mädchen wollte ich aber immer nur spielen, und dafür bin ich heute dankbar. Mit 16 Jahren hatte ich mich dann doch nochmal gefragt, was möglich ist und wechselte in die Landesliga. Doch auch schon da war schnell klar, dass sich Aufwand und Ertrag zu der Zeit kaum lohnen. Wäre ich zu einer späteren Zeit geboren worden, hätte ich bestimmt versucht, in den Profibereich zu kommen. Heute gibt es dann doch noch ein paar mehr Möglichkeiten, wie sich der Profifußball für Frauen lohnen kann. Mit dem Beginn meines Studiums habe ich meinen Weg im Fußball damals erstmal beendet. Doch ganz losgelassen hat es mich nie. Im Fernsehen und den Nachrichten habe ich die deutschen Frauen über die Jahre weiterhin verfolgt.
Für mich ist Fußball so vieles: Ein gemeinsames Ziel, Freundschaften, Ehrgeiz, soziale Interaktion, Zurückhaltung, Ambitionen, viel Bewegung, aber auch harter Konkurrenzkampf.
Mit jungen Jahren wollte ich einfach nur spielen. Es war mir das wichtigste von Anfang an auf dem Platz zu stehen. Jedes Spiel. Auch jetzt wo ich wieder spiele, merke ich, dass mein Ehrgeiz und meine Ambitionen zurückgekommen sind. Trotzdem schaffe ich es, heute weniger emotional drauf zu schauen und zu akzeptieren, dass es jetzt andere junge Spielerinnen gibt, die diesen Ehrgeiz haben. Es ist das Beste, gemeinsam zu kämpfen und zu siegen. Es kann aber auch ziemlich frustrierend sein, mehrere Spiele hintereinander zu verlieren. Ich hatte das große Glück, niemals eine schwere Verletzung gehabt zu haben. Dadurch hatte ich die Chance, immer konstant dabei zu bleiben, ohne groß pausieren zu müssen. Während meiner siebenjährigen Pause nach der Landesliga habe ich versucht, einen anderen Sport für mich zu finden, der zeitlich besser zu mir passt, aber genauso viel Spaß bringt. Ich habe Krafttrainig ausprobiert, Tanzen, Tennis und Kickboxen. Doch ich habe ihn nicht gefunden. Dieses Gefühl, den Ball am Fuß zu haben, ist für mich einzigartig.
Jetzt mit 26 Jahren spiele ich seit einem halben Jahr wieder bei Viktoria Köln. Es wurde eine ganz neue Mannschaft gegründet. Die Vereine, die höherklassig spielen, müssen seit ein paar Jahren eine Frauenabteilung haben. So ist vor ein paar Jahren zum Beispiel das Projekt Frauenfußball Borussia Dortmund an den Start gegangen. Spannend ist, dass auch die Mannschaften der Profivereine in der untersten Liga beginnen müssen. So spielen die Frauen des BVB heute in der Landes Liga und arbeiten sich jedes Jahr Schritt für Schritt weiter nach oben. Die einzige andere Möglichkeit ist eine bestehende Mannschaft in einer höheren Liga zu übernehmen. Bayer 04 Leverkusen hat das vor über zehn Jahren mit der Damenmannschaft des Tus Köln rrh so gemacht, die damals in der zweiten Liga gespielt haben. Nun versucht auch Viktoria Köln, dessen Herren in der dritten Liga spielen, diesen Weg zu gehen. Ich werde schauen, wie lang der Weg für mich noch weitergeht. Solange ich Spaß habe, werde ich aber dreimal die Woche auf dem Platz stehen und mit meinem Team kicken.
Autorin / Autor: Annalena - Stand: 31. Januar 2024