Beim Sport nicht denken!
Studie: Multitasking kann die Leistung beeinträchtigen, das gilt offenbar auch für den Sport
Lieber soll man eine Sache richtig machen als zwei oder drei Sachen fast richtig. Denn wenn wir mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen, dann kommt es häufig zu Leistungseinbußen. Dass das auch im Sport stimmt, haben nun Sportwissenschaftler:innen der Universität des Saarlandes herausgefunden. Sabine Schäfer, Professorin für Sportwissenschaft, sowie Annalena Monz, Kathrin Morbe und Dr. Markus Klein haben in einer Studie gezeigt, dass die Kombination von Denk- bzw. Merkaufgaben und zeitgleicher sportlicher Betätigung zu schlechteren Leistungen in beiden Bereichen führen kann.
„Wir haben zwei Gruppen untersucht“, erläutert Sabine Schäfer. „Eine Gruppe musste auf einem Ergometer rudern, eine andere Gruppe bestimmte Übungen in der Kampfsportart Taekwondo durchführen. Gleichzeitig mussten sie sich als Denkaufgabe eine Reihe von Wörtern merken, die sie mit einer festgelegten Abfolge von Orten gedanklich verknüpfen sollten“, so die Sportwissenschaftlerin.
Außerdem sollten die Testpersonen in weiteren Durchläufen auch Denkaufgaben ohne Bewegung absolvieren oder nur die Sportaufgabe erledigen, so dass die Leistungen gut verglichen werden konnten.
„Wir haben festgestellt, dass über alle Probandengruppen hinweg die Gedächtnisleistung und die Rudergeschwindigkeit klar abnimmt, wenn die andere Aufgabe gleichzeitig erledigt werden muss“, so das Fazit von Sabine Schäfer. Bei der etwas anstrengenderen Übung litten die Leistungen jeweils noch etwas mehr. „Die Profi-Ruderer schnitten im Mittel noch am besten ab, aber auch hier haben wir einen deutlichen Abfall der Ruderleistung und der Gedächtnisleistung gesehen“, so die Sportwissenschaftlerin.
Ganz ähnliche Ergebnisse zeigten die Untersuchungen bei den Taekwondo-Sportlern. Da es sich bei der koreanischen Kampfkunst um eine koordinativ deutlich anspruchsvollere Sportart handelt als beim Rudern, war das Fazit auch entsprechend: „Taekwondo ist kognitiv sehr fordernd“, resümiert Sabine Schäfer. Die Taekwondo-Sportler aus drei Leistungsgruppen (gelber Gürtel/Anfänger; grüner, blauer, roter Gürtel/Fortgeschrittene; schwarzer Gürtel/Experte) führten einen so genannten „Formenlauf“ vor, in welchem festgelegte Techniken in vorgegebener Reihenfolge durchgeführt und von Kampfrichtern bewertet werden. Die Wortpaar-Aufgabe lösten sie in zwei von vier Durchgängen, die anderen zwei waren reine Formenläufe ohne Denkaufgabe, die dem Vergleich der sportlichen Leistung dienten. Außerdem wurde, wie beim Rudern auch, die reine Gedächtnisleistung gemessen, indem den Sportlern die Wortpaare präsentiert wurden, während sie saßen.
Erfahrung hilft nur begrenzt
Auch hier war es wie beim Rudern, dass die erfahrenen Sportler:innen im Mittel besser abschnitten als die unerfahrenen. Aber selbst bei sehr erfahrenen Athlet:innen mit schwarzem Gürtel war ein Abfall der Leistung in der Doppelaufgabensituation zu beobachten. Als Erklärung hierfür vermuten Sabine Schäfer und ihr Team einerseits, dass selbst erfahrene (Freizeit-)Sportler:innen den Bewegungsablauf beim Formenlauf trotz ihrer jahrelangen Erfahrung und Übung noch nicht automatisiert haben. Andererseits, so eine weitere Vermutung, beanspruchen sowohl die Denkaufgaben als auch die Bewegungsabläufe beim Formenlauf das räumliche Vorstellungsvermögen, so dass die begrenzten verfügbaren Ressourcen im Gehirn entsprechend aufgeteilt werden müssen.
„Beim Taekwondo waren die Kosten in der Gedächtnisaufgabe etwas höher als beim Rudern“, fasst Annalena Monz, eine der Co-Autorinnen der Studie, das Ergebnis zusammen. Das Gehirn ist in der Doppelaufgabensituation also überfordert, und es kommt zu Leistungseinbußen. Beim Taekwondo äußert sich das darin, dass die Übungen, die im Formenlauf präsentiert werden, nicht mehr so präzise sind im Vergleich zum Formenlauf ohne ablenkende Gedächtnisaufgabe.
Wer also beste Leistungen abliefern will, macht am besten eins nach dem anderen, im Sport und anderswo.
Die Erkenntnisse der Studie wurden im Fachmagazin „Frontiers in Psychology“ veröffentlicht.
Quelle:
Autorin / Autor: Pressemitteilung / Redaktion - Stand: 9. Februar 2024