Wenn es um unsere Gesundheit geht, können wir uns nicht nur auf unseren Körper, sondern auch auf unsere Psyche verlassen. Forschungsergebnisse zeigen, dass unser biologisches Immunsystem durch eine Art "Verhaltens-Immunsystem" angekurbelt wird, welches uns dabei hilft, krankmachende Situationen oder infizierte Menschen zu erkennen und zu meiden.
Nun hat eine neue Studie, die in der Zeitschrift Psychological Science veröffentlicht wurde, faszinierende neue Beweise auch für die umgekehrte Wirkungsweise gefunden: von körperlichen zu seelischen Immunreaktionen.
"Wenn Leute vor kurzem krank waren und deshalb ihr körperliches Immunsystem aktiviert war, in die Gesichter ihrer Mitmenschen sehen, dann sind sie viel aufmerksamer. Schon ein Ausschlag oder ein Niesen wird als Ansteckungsgefahr gewertet", erklärt der Psychologe Saul Miller der University of Kentucky, der die Studie mit Jon K. Maner von der Florida State University durchgeführt hatte.
In zwei Experimenten konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Menschen nach einer Krankheit viel wachsamer mit ihrer Umgebung waren und Kontakte vermieden, die krank machen könnten. Im ersten Versuch wurden ihnen einige schmerzverzerrte und einige normale Gesichter auf einem Bildschirm angezeigt. Kurz danach erschien entweder ein Kreis oder ein Quadrat; nun sollten sie so schnell wie möglich eine Taste drücken, die angab, welche Form sie sahen. Nun wurde aber Form und Gesicht nicht immer im gleichen Teil des Bildschirms gezeigt, sodass die TeilnehmerInnen ihre Aufmerksamkeit verlagern mussten. Je länger die TeilnehmerInnen für die Umstellung auf die Symbole brauchten, desto eher werteten die Versuchsleiter dies als Zeichen dafür, dass sie dem Gesicht mehr Aufmerksamkeit schenkten. Nach 80 Versuchen sollten die Teilnehmer dann in einem Fragebogen beantworten, ob sie kürzlich krank gewesen waren, und wenn ja, wann. Andere Fragen bezogen sich darauf, wie anfällig sich die Personen fühlten bezogen auf Krankheiten und Keime. Unabhängig von ihren bewussten Sorgen, hatten diejenigen, die in jüngerer Zeit krank gewesen waren, mehr auf die schmerzverzerrten Gesichter geachtet als auf die normalen. Diejenigen, die nicht krank gewesen waren, zeigten hingegen keinen Unterschied in der Reaktionszeit.
Im zweiten Experiment mussten die TeilnehmerInnen einen Joystick bedienen, wenn sie Gesichter gezeigt bekamen. Sahen sie ein schmerzverzerrtes, sollten sie den Joystick wegschieben, sahen sie ein normales, sollten sie den Stick zu sich heranziehen. Es zeigte sich, dass zwar alle schneller das kranke Gesicht von sich wiesen, aber diejenigen, die krank gewesen waren, legten noch mehr Tempo im Wegschieben zu. Und je kränker sie gewesen waren, desto schneller reagierten sie.
Für die Psychologen zeigen diese Ergebnisse, dass unsere Vorurteile gegen Kranke, Übergewichtige, Ältere und Ausländer zunehmen, wenn wir krank sind. "Menschen zu meiden, die uns krank machen könnten, ist fest in unserem Verhalten verankert, wenn wir selbst krank sind", sagt Miller. Aber wir hätten auch gelernt, uns von bestimmten Personen abgestoßen zu fühlen, selbst wenn sie keine Gefahr der Ansteckung darstellen. Deshalb sollten wir ruhig, während die Wissenschaft die Verbindung zwischen psychischer und körperlicher Immunität untersucht, unsere Ängste verlernen und Menschen besser behandeln. Nette Forscher, finden wir! ;-)
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung; - Stand: 12. September 2011