Blinde Flecken in Schulbüchern
Fachleute aus fünf Ländern analysierten, wie Verschiedenheit in Schulbüchern dargestellt wird
Eigentlich sollen Schulbücher ja Klarheit, Orientierung und Objektivität vermitteln. Sie erklären die Welt und den Alltag: Wie Menschen auf dem Land leben, wie Konflikte und Kriege entstehen und was sie auslösen und was Menschenrechte sind. Sie zeigen die Welt in Karten, erklären, wie aus Wind Energie gewonnen wird, wie die Erde aus dem Weltraum aussieht und warum Menschen Müll wiederverwerten. Doch Schulbücher können auch trennend wirken und zu Diskriminierungserfahrungen beitragen. Etwa wenn dauernd zwischen "MigrantInnen" und „Einheimischen" unterschieden wird. Damit werden erstere immer wieder als „die Anderen" bezeichnet und Zugehörigkeit unmöglich gemacht, sagt Viola B. Georgi, Professorin für Diversity Education an der Universität Hildesheim. Georgi fordert Verlage, Politik und Lehrkräfte auf, Bildungsmedien an Schulen genauer unter die Lupe zu nehmen und Stereotype und Klischees aufzudecken. Nicht erst seit der öffentlichen Debatte um rassistische Klischees im Kinderbuch „Die kleine Hexe, sei die Frage, wie unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen in Bildungsmedien dargestellt werden, hoch bedeutsam, so die Professorin.
Die jüngere Schulbuchforschung beschäftigt sich mit der Darstellung der Kolonialzeit und Migration in Schulbüchern. In dieser Woche kamen etwa 20 WissenschaftlerInnen aus Südafrika, Israel, Kanada und Österreich zusammen und tauschten sich darüber aus, wie Geschlecht, Behinderung und ethnische Herkunft in Schulbüchern verschiedener Fachrichtungen sichtbar gemacht wird und in welcher Absicht. Sie deckten ebenfalls die Themen auf, die gar nicht erst vorkommen und so eine aufklärende Bildung verhindern.
*Kriege, Krisen, Krankheiten, Katastrophen, Kriminalität*
Ein Schwerpunkt lag zum Beispiel auf der Darstellung Afrikas in deutschen Schulbüchern. Der Kontinent wird in vielen Geographiebüchern meist unter Querschnittsthemen wie „Kriege, Krisen, Krankheiten, Katastrophen, Kriminalität" behandelt. Abwertende Inhalte, Bilder und Begrifflichkeiten werden Afrika zugeordnet und Menschen afrikanischer Herkunft werden wiederholt als hilflos und passiv und als Feld- oder Plantagenarbeiter gezeigt. Die vorkoloniale Geschichte, Kulturen und Philosophien der afrikanischen Gesellschaften sind kaum erwähnt, kritisierten die WissenschaftlerInnen.
Allerdings wurden auch positive Beispiele vorgestellt: Die beiden Forscher des Georg-Eckert-Instituts, Marcus Otto und Masoumeh Bayat stellten die Online-Plattform „Zwischentöne“ vor, wo LehrerInnen Lehrmaterial „für das globalisierte Klassenzimmer“ etwa für die Fächer Geschichte, Politik und Religion finden können, das auf die vielfältigen Biographien der SchülerInnen eingeht und zum Nachdenken über den Umgang mit gesellschaftlichen Unterschieden anregt.
Der internationale Workshop wurde am 22. und 23. September 2014 vom Zentrum für Bildungsintegration der Universität Hildesheim und dem Georg Eckert Leibnitz Institut für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig organisiert.
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 25. September 2014