Brüste und Eier

Autorin: Mieko Kawakami
Übersetzung: Katja Busson

„Brüste und Eier“ von Mieko Kawakami ist ein skurriler Roman. Er handelt von einer Frau, die Schriftstellerin ist. Und weiblich. Was das für sie, andere Frauen und Männer und die ganze (japanische) Gesellschaft bedeutet, welche Probleme und Chancen dies aufwirft, davon handelt die Erzählung, die die Protagonistin aus der Ich-Perspektive entspinnt. Das Buch ist eindeutig literarisch anspruchsvoll und keine leichte Lektüre. Das liegt zum einen an den Themen, die schonungslos und nüchtern behandelt werden und andererseits am Stil der Autorin.
Immer wieder mischt sich Surreales in die sonst sehr deskriptiv beschriebene Handlung – was sehr an andere japanische Werke (Film und Buch) erinnert. Zentrale Themen sind (A)Sexualität, (verwandtschaftliche) Beziehungen aller Art, der Mangel an ebenjenen und die Möglichkeit des (Nicht)Kinderkriegens.

Das Buch ist in zwei Teile geteilt. Der erste Teil spielt sich im Sommer 2008 innerhalb weniger Tage ab, während der zweite Teil ca. zehn Jahre später über eine Periode von mehreren Jahren berichtet. Im ersten Teil wird nicht nur die Sicht der Hauptperson wiedergegeben, sondern auch die ihrer Nichte in Form von Tagebucheinträgen. Rückblenden spielen in beiden Teilen eine große Rolle, wobei im zweiten Teil einige wichtige Dinge sehr zentral sind, die im ersten gar nicht erwähnt werden, was etwas seltsam anmutet, allerdings auch Sinn ergibt, da ja viel Zeit vergangen ist. Es ist schwer das Geschehen wiederzugeben. Auch meine Mutter, die das Buch nach mir las, fragte mich nach dem ersten Viertel: „Gibt es auch noch eine Handlung?“ Es ist vielmehr eine Aneinanderreihung von Alltagsmomenten, Erinnerungen, das Auffangen von Stimmungen, als ein klassischer Erzählverlauf. Wobei nach und nach klar wird, dass es doch ein Ziel gibt, auf das alles hinausläuft.

Mich hat das Buch sehr gefesselt, auch wenn – oder gerade weil – es mich irritiert hat. Viele angerissene Konflikte habe ich wiedererkannt, gleichzeitig hatte ich oft das Gefühl, dass das Buch (logischerweise) mehr auf ein japanisches Publikum ausgerichtet ist. Der Kultur- und Gesellschaftsunterschied war deutlich zu spüren und gleichzeitig betonte er doch dieselben Probleme, die es – vor allem für Frauen – in vielen Teilen der Welt gibt und eröffnet neue und intensive Perspektiven darauf.
Empfehlen würde ich das Buch für erfahrene Lesende ab ca. 16 Jahren (eher älter als jünger), die an feministischen Themen und/oder auch dem Thema Samenspenden interessiert sind, aber auch vor den skurrilen Szenen nicht zurückschrecken.



*Erschienen bei Dumont*

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Autorin / Autor: Johanna - Stand: 25. September 2020