Lese-Fastfood?
Bücher zum Burger - Kritik an Verlagskooperation mit McDonalds
Wer sich in den kommenden Wochen ein Happy Meal bei McDonalds reinzieht, kommt in einen ganz ungewohnten Genuss: denn statt Made-in-China-Elektroschrott gibt es nun - man höre und staune - Bücher und zwar insgesamt über 4 Millionen Stück. Möglich macht es eine Kooperation zwischen sechs großen Kinder-/Jugendbuchverlagen und dem Fastfood-Giganten McDonalds. Für beide Seiten ist das natürlich attraktiv: Eltern, die McDonalds aus pädagogischen und gesundheitlichen Gründen meiden, könnten sich nun motiviert fühlen, dem Wunsch ihrer Kinder nach einem Fast-Food-Menü nachzugeben und sich dafür wenigstens ein kostenloses Buch zu ergattern. Und ist es nicht ein schickes Image für das wegen Ernährungs- und Umweltsünden kritisierte Unternehmen, sich auf diese Weise öffentlichkeitswirksam stark für die Bildung unserer Kinder zu machen? Ist es nicht gut und ehrenhaft, wenn auf diese Weise dafür gesorgt wird, dass Kinder einmal Bücher bekommen, die sonst nur mit Videospielen und Fernsehen (und HappyMeal) aufwachsen?
Die Stiftung Lesen unterstützt die Fastfood-Lesefutter-Kooperation. Sie glaubt, damit dem Ziel, Deutschland zu einem Leseland zu machen, einen Schritt näher zu kommen. Mit der Koopperation könne eine außerordentlich hohe Zahl von Familien für das Lesen begeistert werden, ein Konzept, dass sich in Großbritannien und Skandinavien schon bewährt habe.
Die teilnehmenden Verlage Carlsen, cbj, Dorling Kindersley, Kosmos, Loewe und Tessloff zumindest profitieren von einer enormen Verbreitung - auch in sogenannten bildungsfernen Schichten. Ob sie damit eine neue potentielle Käufergruppe erschließen oder sich lediglich ein Image als Fastfood-Verlag zulegen, wird sich noch zeigen.
Bei anderen hält sich die Begeisterung allerdings schwer in Grenzen. Die Zeitschrift taz lästert, aus der "verzweifelten Partnerschaft" könnten sich ja noch "praktische Synergieeffekte ergeben, wenn die für Rinderweiden abgeholzten argentinischen Wälder sich in Kinderbuchpapier verwandeln". Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch etwa kristisiert in einem offenen Brief an die Stiftung Lesen, dass sie auf diese Weise McDonalds helfe, "sein Image aufzupeppen und mehr Fastfood an Kinder zu verkaufen.“ Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Übergewichts bei Kindern und Jugendlichen und der Rolle, die fastfood dabei spielt, betrachten die Verbraucherschützer die Kooperation als absolut inakzeptabel.
Findet ihr eine solche Kooperation zweckmäßig und sinnvoll? Oder geht das gar nicht? Ist das Greenwashing? Leseförderung XXL? Gesellschaftliche Verantwortung?
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 31. August 2012