Cybermobbing nimmt zu

Studie: Immer mehr Schüler:innen betroffen - Schulen überfordert

Immer mehr Schüler:innen haben Erfahrungen mit Cybermobbing. Und leiden teilweise unter schlimmen psychischen und gesundheitlichen Folgen. Das zeigt die aktuelle Studie "Cyberlife V - Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern", die das Bündnis gegen Cybermobbing in Kooperation mit der Barmer Krankenkasse am 23.10.2024 in Berlin vorgestellt hat.

Der Studie zufolge sind aktuell 18,5 Prozent der Schülerinnen und Schüler davon betroffen. In absoluten Zahlen sind das mehr als 2 Millionen Kinder und Jugendliche. Der Anteil der Schüler:innen zwischen 7 und 20 Jahren, die nach eigenen Aussagen schon einmal von Cybermobbing betroffen gewesen sind, ist im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2022 (2022: 16,7 Prozent) um 1,8 Prozentpunkte gestiegen. Im Jahr 2017 waren es noch 12,7 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen.

Dauerproblem Cybermobbing

Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses gegen Cybermobbing: "Die Ergebnisse zeigen, dass Cybermobbing nicht nur ein dauerhaftes und wachsendes Problem an Schulen und im privaten Umfeld von Kindern und Jugendlichen geworden ist, sondern dass sich mittlerweile auch Pädagogen und Pädagoginnen an den Schulen bei diesem Thema überfordert fühlen."

Die Folgen von Cybermobbing an Schulen werden unterschätzt, denn der Einfluss auf Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler ist enorm, so Leest.

Verletztheit, Wut, Angst

Für die Betroffenen kann Cybermobbing schlimme gesundheitliche Folgen haben. Neben körperlichen Beschwerden wie Kopf- oder Magenschmerzen sind es vor allem psychische Auswirkungen, die Kinder und Jugendliche schwer belasten können. Das sind z.B. Angst und Schlafstörungen sowie Niedergeschlagenheit oder Depressionen. Die Studie zeigt weiterhin: Viele Opfer fühlen sich vor allem verletzt (57 Prozent), 43 Prozent reagierten mit Wut und fast ein Drittel (30 Prozent) gab an, verängstigt zu sein. Besonders alarmierend: 13 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben aus Verzweiflung schon einmal zu Alkohol, Tabletten oder Drogen gegriffen und jede bzw. jeder vierte Betroffene äußerte Suizidgedanken (26 Prozent). „In absoluten Zahlen entspricht das über 500.000 Schülerinnen und Schülern, eine sehr erschreckende Zahl, die in den letzten Jahren leider weiter gestiegen ist“, so Uwe Leest vom Bündnis. Was muss noch passieren, damit die Verantwortlichen in der Politik und Gesellschaft handeln, fragt Leest.

Zu wenig Prävention an Schulen

Den Studienautor:innen zufolge fehlt es an Prävention und Aufklärung und das vor allem an den Schulen, denn die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Schulen, die präventiv tätig sind, weniger Cybermobbingfälle hätten. Schulische Angebote hätten sich teilweise verbessert. Demnach gaben mehr Schüler:innen an, in der Schule zu lernen, wie man mit Cybermobbing umgeht. Die Unterstützung der Opfer von Cybermobbing habe sich hingegen im Vergleich zu 2022 verschlechtert.

Weil es am besten sei, Mobbing und Cybermobbing gar nicht erst entstehen zu lassen, sei Prävention ein sehr wichtiger Baustein.

Helfen Klarnamen?

Um Cybermobbing entgegenzutreten, fordert das Bündnis die Einführung eines Klarnamens, damit niemand mehr die Möglichkeit hat, anonyme Kommentare zu schreiben. Das ist ein Vorschlag, über den allerdings schon lange immer wieder kontrovers diskutiert wird - schließlich können Mobbingopfer dann auch nicht anonym im Netz unterwegs sein, um nicht von ihren Peiniger:innen entdeckt zu werden.

Die Studienautor:innen fordern angesichts der Ergebnisse mehr Präventionsangebote an Schulen, wo Kindern mehr über den sozialen Umgang im Internet lernen müssten. Auch Lehrkräfte sollen besser geschult und Eltern stärker unterstützt werden. Wünschenswert wären für alle Betroffenen flächendeckende Mobbingberatungsstellen sowie anonyme Hotlines, an die sich Hilfesuchende wenden können.
Nicht zuletzt müsse neben den Schulen und der Gesellschaft auch die Politik ihrer Verantwortung nachkommen. Zum Schutz der Opfer fordert das Bündnis gegen Cybermobbing ein Cyber-Mobbinggesetz, das es in Österreich schon seit 2016 gibt.

Für die Befragung wurden von Mai bis Juli 2024 637 Lehrer:innen, 1.061 Eltern und 4.213 Schüler:innen bundesweit durch eine Onlinebefragung zum Thema Mobbing und Cybermobbing befragt.

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Autorin / Autor: Pressemitteilung / Redaktion - Stand: 24. Oktober 2024