Das Geschlecht virtueller Beziehungen
Österreichische Forscher haben herausgefunden, dass Männer und Frauen ihre sozialen Netzwerke unterschiedlich organisieren.
Wenn Menschen spielen, verhalten sie sich grundsätzlich ähnlich wie im „normalen“ Leben. Deshalb interessieren sich Soziologen zunehmend für die so genannten Massive Multiplayer Online Games (MMOGs), also Spiele, bei denen viele User per Internet miteinander interagieren. Ihr Verhalten im virtuellen Raum lässt Rückschlüsse auf das im „real life“ zu. Eine Forschergruppe am Institut für Wissenschaft Komplexer Systeme der MedUni Wien wollte jetzt herausfinden, ob sich in MMOGS auch geschlechtsspezifische Unterschiede im Verhalten zeigen. Dazu haben sie die virtuellen Beziehungen von über 400.000 Menschen im Onlinespiel „Pardus“ untersucht.
*Komplexe Multiplexe*
Jeder von uns lebt tagtäglich in verschiedenen sozialen Netzwerken (Familie, Freunde, Arbeitskollegen…). Und in jedem verhalten wir uns ein wenig anders. In der gleichen Gruppe Menschen findet sich so eine Vielzahl von Beziehungen und „Rollen“. Beispiel gefällig? Mein bester Freund ist vielleicht mit der Arbeitskollegin meiner Mutter verwandt, die wiederum einen Partner hat, den ich nicht ausstehen kann, der sich aber mit meinem Vater regelmäßig zum Skat trifft… Ganz schön kompliziert. ;-) Solche Netzwerke lassen sich nicht einfach abstrakt darstellen, z.B. indem man 10 Personen aufzeichnet und alle mit den gleichen Strichen verbindet – das würde der Realität nicht gerecht. Zwischen den gleichen Personen gibt es verschiedene Arten von Verbindungen. Wissenschaftler sprechen dann von „multiplex networks“. Und die sind natürlich spannend, aber aufgrund ihrer Komplexität auch schwer zu untersuchen. Zumal zwei Menschen ihre Beziehung zueinander ja manchmal unterschiedlich sehen…
Ein MMOG macht es den Forschern ein wenig einfacher. Zwar gibt es auch dort verschiedene Formen von Verbindungen zwischen Spielern bzw. ihren Figuren, aber diese sind immerhin zentral gespeichert und in Sekunden abrufbar. Man muss sich also nur noch durch den Datenwust durcharbeiten…
*Ergebnis: Frauen sind anders als Männer*
Das ist natürlich wenig überraschend. ;-) Ein neuer und interessanter Aspekt ist aber, dass sich in der sozialen Interaktion eindeutig Unterschiede zeigen, selbst wenn sie nur virtuell stattfindet. Die ausgewerteten Daten belegen, dass Frauen schneller Freundschaften schließen als Männer, diese aber auch länger Bestand haben. Ein Phänomen, das man durchaus auch aus dem realen Leben kennt – Frauenfreundschaften sind oft fürs Leben. Und: Frauen legen, virtuell wie real, mehr als Männer wert darauf, dass ihre FreundInnen auch miteinander befreundet sind. „Die Frauen halten das soziale Gefüge generell zusammen“, sagt Studienleiter Stefan Thurner. Männer nehmen Freundschaftsanfragen nicht so schnell an und ihre Netzwerke bleiben oberflächlicher. Dafür werden Informationen, z.B. ob jemand Unterstützung braucht, etwas schneller weitergegeben als bei Frauen.
Auch bei virtuellen Feindschaften, die das Spiel ermöglicht, zeigt sich ein unterschiedliches Bild: Frauen ignorieren Feindschaftserklärungen öfter als Männer. Diese reagieren eher aggressiv.
Natürlich kann man trotzdem nicht alle Männer oder alle Frauen über einen Kamm scheren. ;-) Aber es ist doch spannend zu sehen, dass sich gewisse geschlechtsabhängige Tendenzen eben selbst im Spiel zeigen.
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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 13. Februar 2013