In seinem aktuellen Buch „Das Joshua Profil“ begleitet der Leser den erfolglosen Autor Max Rhode durch die wohl schlimmste Zeit seines Lebens: Zunächst wird Max an das Bett eines Sterbenden zitiert, der ihm eine kryptische Nachricht überbringt: „Sie dürfen sich nicht strafbar machen! Unter gar keinen Umständen!“ Kurz darauf verstirbt der Mann und hinterlässt Max ratlos und verwirrt. Etwa zwei Monate später geschieht es dann: Max und seiner Frau soll ihre gemeinsame Pflegetochter Jola weggenommen werden, die bereits seit 10 Jahren bei ihnen lebt. Angeblich soll sie ihren leiblichen Eltern zurückgegeben werden. Als die zuständige Mitarbeiterin des Sozialamts unangemeldet vor Max‘ Tür steht um Jola abzuholen, brennen bei Max die Sicherungen durch: Er schnappt sich Jola und flüchtet mit ihr in die Nacht. Nach ein paar Minuten im Auto wird ihm klar, dass er gerade seine eigene Tochter entführt hat. Doch er hat kaum Zeit sich darüber Gedanken zu machen, dass er sich damit tatsächlich strafbar gemacht hat – etwas, wovor er ausdrücklich gewarnt worden war. Im nächsten Moment wird sein Auto in einen Unfall verwickelt, scheinbar absichtlich von der Seite gerammt. Als Max im Krankenhaus wieder zu sich kommt, ist Jola verschwunden, und alles sieh danach aus, als ob er sie versteckt hätte. Außerdem hört Max plötzlich eine Stimme, die ihm Anweisungen gibt und damit droht Jola zu töten, sollte er sich widersetzen…

Ich denke schon dieser kurze Abriss des Inhalts macht deutlich, dass Fitzek sich wieder eine hochkomplexe Geschichte ausgedacht hat, in der nichts so ist wie es scheint. Es gibt eine Vielzahl von Wendungen, die meisten davon sehr unterwartet, die für Hochspannung sorgen. Ständig überschlagen sich die Ereignisse und die Protagonisten schlittern von einer Ausnahmesituation in die Nächste. Auch als Leser hat man kaum Verschnaufpausen, die Augen rasen durch die Zeilen, jagen zum nächsten Absatz. Fitzek hat ein außergewöhnliches Talent dafür, den Spannungsbogen durchgehend aufrecht zu erhalten. Dabei gelingt es dem Autor, wie auch schon in seinem Thriller „Noah“, eine Verbindung herzustellen zwischen einem Einzelschicksal, hier dem Hauptcharakter Max, und einem gesellschaftlichen, kritischen Problem. Bei „Noah“ ging es um die Überbevölkerung der Erde, bei „Das Joshua Profil“ geht es um Predictive Policing und digitale Überwachung: Predictive Policing bedeutet, dass Programme Daten auswerten um vorauszusagen, wo wann welches Verbrechen durch wen begangen werden wird. Es ist eine sehr fortschrittliche Art der Polizeiarbeit, die jedoch auch heute schon Anwendung findet. Was zunächst nach Zukunftsmusik klingt, wird durch Fitzeks authentischen Schreibstil und den Fortschritt der modernen Technik schnell zu einer realen Zukunftsvision. Insbesondere weil dieses Buch deshalb eben kein Science Fiction ist, sondern eine fiktive Geschichte, die möglicherweise so oder so ähnlich passieren könnte, ist es unglaublich fesselnd und regt zum Nachdenken über Gerechtigkeit, Schuld und Verhältnismäßigkeit an.

Sebastian Fitzek ist im Moment der erfolgreichste deutsche Autor von Psychothrillern. Er wurde 1971 in Berlin geboren und studierte Jura bis zum ersten Staatsexamen; nachdem er eine Zeit lang journalistisch tätig war veröffentlichte er 2006 sein erstes Buch. Mittlerweile hat Fitzek weltweit über 6 Millionen Bücher verkauft.


*Erschienen bei Lübbe Verlag*