Gabriel de Léon, raubeiniger Ex-Silberwächter und Mörder, ist Gefangener des hochnäsigen und blutschlürfenden Vampirs Marquis Jean-Francois, der im Auftrag seiner Herrscherin Léons Geschichte festhalten soll. Und Gabriel de León beginnt zu erzählen: wie er zu den Silberwächtern kam, wie er ausgebildet und verstoßen wurde, von seinen Kämpfen, der Liebe, wie er den Gral fand und verlor.
Es ist natürlich unmöglich und auch unnötig die Handlung dieses 1000+ Seiten Schmökers im Einzelnen zu beschreiben. Es ist eine lange Geschichte mit komplexen Entwicklungen und sehr viel Blut. Und es ist erst Band 1! Fortsetzungen folgen.

Der Stil ist trocken und humorvoll, der Pathos hält sich in Grenzen, der Held ist einigermaßen unsympathisch und doch folgt man seiner Geschichte gerne. Die Heldinnen sind dafür stark, selbstbewusst und nicht zwangsläufig an Männern interessiert. Zarte Frauchen, die gut aussehenden Vampire verfallen, spielen hier glücklicherweise kaum eine Rolle. Dafür gibt es eine komplexe und düstere Welt, es geht um das Gleichgewicht der Welt, um Religion, fehlende Gleichberechtigung, Verrat, Freundschaft, Liebe in all ihren Variationen und um den Gral. Mit dabei: eine Prise Gesellschaftskritik, Philosophie und ein zaghaftes Anklagen patriarchaler Strukturen durch die weiblichen Figuren.

All das ist verpackt in eine actionreiche Handlung (in der die Handvoll Gefährten auch eben mal eine ganze Vampirarmee mit ihren Superfähigkeiten plattmacht), die allerdings immer wieder von dem etwas zähen Geplänkel mit seinem Interviewer unterbrochen werden.

Ich empfehle das Buch allen, die sehr dicke (und mehrbändige) Fantasyromane lieben und wollen, dass es immer weitergeht, die große Schlachten und blutige Kämpfe (und auch ein kleines bisschen Romantik) mögen. Dafür muss man kein Vampirfan sein (ich bin zum Beispiel überhaupt keiner), denn es hätten genauso gut Orks, Morguls oder Tintenfische sein können, die hier für Unruhe sorgen.

Insgesamt ist "Das Reich der Vampire" nicht wirklich innovativ, aber absolutes Serien- und Bestsellermaterial, gut geschrieben und gut lesbar, bildstark, mit viel Gemetzel und very bloody. Genau das richtige, wenn es mal wieder so ein richtiger Schmöker sein soll und man in eine Welt abtauchen will, die noch viel schlimmer ist als unsere. Macht sehr viel Spaß, ist extrem unterhaltsam und lenkt wunderbar ab. 

Die zahlreichen Illustrationen (Bon Orthwick) im Buch haben mir persönlich nicht so sehr gefallen, ich fand sie anders als das Buch selbst etwas kitschig und ich habe mir die Figuren weniger  klischeehaft gutaussehend und sexy vorgestellt, aber das ist wohl Geschmackssache.

*Erschienen bei FISCHER Tor*