Das Verhör
Autor: Robert Cormier
Ist der Mensch von Grund auf böse? Eine Frage, die eigentlich immer mit William Goldings „Herr der Fliegen“ verbunden ist. Da ich sie von jenem nie zufriedenstellend behandelt fühlte, bin ich sehr froh, dass Robert Cormier sich ihrer annahm. Sein letztes Buch „Das Verhör“ erzählt von dem Geständnisspezialisten Trent, der den erst 12 Jahre alten Jason überführen soll. Er ist der Letzte, der Alicia, ein neunjähriges, intelliegentes Mädchen, zuletzt gesehen hat. Doch hat er sie auch ermordet? Jason hat das große Unglück anders zu sein, ein Außenseiter. Doch macht ihn das zum Mörder?
Auch in den hoffnungslosesten Fällen bekommt Trent ein Geständnis, das ist seine Spezialität. Psychologisch geschickt lockt er seine Opfer in die Falle. Doch arbeitet er im Sinne der Warheit?
Ist der Mensch von Grund auf böse? Cromier gibt keine eindeutige Antwort, aber sein Buch enthält einige Ansätze und Denkanstöße das Thema betreffend. Die Art, in der der Autor sich auf die für das Verhör wichtigen Figuren, den Verhörenden und den Verhörten, focussiert ist einzigartig und leitet die Geschichte tiefer, als eine allgemeinere Erzählweise es gekonnt hätte. Es ist unglaublich spannend zu sehen, wie sich die Beiden auf einander zu bewegen und wie dann das eigentliche Verhör abläuft. Cormier bietet hier Unterhaltung auf hohem Niveau. Aber er bietet mehr, er bietet eine neue Sichtweise auf Macht. Am Ende des Buch stehen zwei Fragen im Raum, die erste ist die bereits genannte, die zweite tastet sich an Machtmissbrauch heran. Gibt es so etwas wie psychologische Folter, an deren Ende ein ebenso unfreiwilliges wie erlogenes Geständnis steht wie am Ende der peinlichen Befragung im Mittelalter?
Robert Cromier hat ein mutiges Buch geschrieben, dass neben großem schriftstellerischen Können auch gesellschafstkritisches und freies Nachdenken zeigt. „Das Verhör“ kann sich durchaus mit den Büchern von Morton Rhue messen lassen ohne schlecht ab zu schneiden. Wäre der Autor nicht bereits gestorben, würde ich sagen, wir können noch Großes von ihm erwarten.
*Erschienen bei Carlsen*
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Autorin / Autor: fiona - Stand: 14. Februar 2014