Davids Dilemma
Autor: Danny Wattin
ins Deutsche übersetzt von Susanne Dahmann
Zuallererst möchte ich betonen, dass ich es befürworte, dass das Buch das Thema Antisemitismus aus moderner Sicht, also nach der Zeit des Nationalsozialismus, behandelt. Dies findet sich gerade im Bereich der Jugendliteratur noch relativ selten wieder. Der Autor, David Wattin, lebt in Schweden und hat einen jüdischen Hintergrund. Das Buch mit ernstem Thema und schwarzem Humor spielt auch dort und wurde aus dem Schwedischen übersetzt.
Der jugendliche Protagonist der Geschichte, David, erzählt aus der Ich-Perspektive. Interessant fand ich, dass es wie ein Outing dargestellt wird, als sein religiöser Hintergrund offengelegt wird. Seine Erlebnisse werden sehr eindrucksvoll, erschreckend realistisch und doch altersgemessen erzählt. Die Sprache ist sehr klar und verständlich und durch die Ich-Perspektive gut zu lesen.
Nichtsdestotrotz gibt es sowohl vom Verlag als auch vom Autor selbst ein erklärendes, mental vorbereitendes Vorwort. In ersterem wird erläutert, dass in dem Buch verschiedene Dimensionen von Antisemitismus aufgezeigt werden und man weiterführende Informationen beispielsweise bei der Amadeu-Antonio-Stiftung erhält. In letzterem hingegen erklärt der Autor die Entstehungsgeschichte des Jugendbuchromans: Tatsächlich hat die Geschichte einen wahren Kern.
Und das erschüttert beim Lesen. Die auf wahren Begebenheiten beruhenden Ereignisse zeigen tatsächlich die verschiedensten Facetten von Antisemitismus und die Instrumentalisierung der jüdisch(stämmig)en Identität auf. Dies würde das Buch theoretisch auch für einen Unterrichtseinsatz der Klassen 7 bis 13 – beispielsweise im Deutsch-, Ethik-, Geschichts- oder PW-Unterricht – recht nützlich und geeignet machen, da es gute Beispiele aus der jugendliterarischen und damit fachlich motivierenden Sicht liefert.
Was mir beim Lesen negativ auffiel, war tatsächlich auch die negative Sicht auf die Dinge. Viele Personen wirken charakterschwach, die Gesamtsituation hilflos und aussichtslos. Daher konnte ich auch mit dem Großteil der Charaktere nicht wirklich warm werden. Teilweise konnte ich mich in David und andere Personen hineinversetzen, teilweise nicht. Es prallen viele verschiedene Sichten und Orientierungen aufeinander, aus den verschiedensten sozialen und politischen Extremen.
Die Geschichte findet zwar in Teilen zu einem Happy End, aber nicht im Ausgangsort. Passend hierzu trifft der Protagonist dann auf ein Mädchen namens Aviva - diese Symbolik ist auf jeden Fall vom Autor schön gewählt.
Selbst wenn ich das Land sehr mag, in dem das Buch endet, fand ich das persönlich schade und zu pessimistisch, gerade für junge Leser; auch wenn die Sachlage leider so ist, wie sie eben ist. An dem Punkt könnte aber ein fiktiver Jugendbuchroman alternative, bessere Szenarien entwerfen und die Lesenden auf diese Weise aktiv zum Nachdenken bewegen.
Alles in allem ein wachrüttelnder, und ja, in Teilen erschreckender – da leider realistischer – Roman.
Erschienen bei Loewe
Autorin / Autor: Margherita - Stand: 20. November 2024