Der Anfang vom Ende
Studie zu Beziehungen und zu einem Wendepunkt, der unweigerlich zur Trennung führt
Wenn es in der Liebe kriselt oder gar zu einer Trennung kommt, fragt man sich oft, wie es dazu eigentlich kam und wann das angefangen hat. Für Verlassene fühlt es sich vielleicht plötzlich und überraschend an, tatsächlich kommen Trennungen nicht aus heiterem Himmel, wie eine aktuelle Studie aus der Psychologie zeigt. Prof. Dr. Janina Bühler vom Psychologischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und Prof. Dr. Ulrich Orth von der Universität Bern haben in einer gemeinsamen Studie herausgefunden, dass das Endstadium einer Beziehung in zwei Phasen abläuft. Demnach nimmt die Beziehungszufriedenheit vor einer Trennung zunächst graduell ab und erreicht etwa ein bis zwei Jahre vor der Trennung einen Wendepunkt, von dem aus es nur noch bergab geht:
"Ab diesem Wendepunkt erfolgt ein rasanter Abfall der Beziehungszufriedenheit und betroffene Paare steuern auf eine Trennung zu", sagt Prof. Dr. Janina Bühler.
Es ist bekannt, dass die Beziehungszufriedenheit im Laufe einer Liebesbeziehung abnimmt. Zu einem Rückgang kommt es besonders in den ersten Jahren des Zusammenseins, ein spezieller Tiefpunkt tritt oft nach zehn Jahren ein. Anstatt jedoch auf die Prozesse zu schauen, die seit dem Beginn einer Beziehung abgelaufen sind, betrachten Bühler und Orth in der aktuellen Studie Partnerschaften und ihre Auflösung vom Ende her.
Die Forschenden haben für ihre Studie vier repräsentative Studien aus Deutschland, Australien, Großbritannien und den Niederlanden ausgewertet – also aus westlichen Ländern, in denen sich Menschen in der Regel frei für eine Trennung von ihren Partner:innen entscheiden können. Zu jedem der vier Datensätze mit insgesamt 11.295 Personen gab es eine etwa gleich große Kontrollgruppe von Personen, die sich später nicht getrennt haben. In allen Ländern wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeweils gebeten zu beantworten, wie zufrieden sie gerade mit ihrer Beziehung sind.
Wendepunkt ins Aus
Dabei entdeckte das Team eine Phase, die sie "Terminal Decline" nennen, so eine Art unaufhaltbarer Niedergang der Zufriedenheit, der ab einem bestimmten Punkt offenbar unumkehrbar ist. Ob Lieblosigkeit, mangelnde Kommunikation oder fehlende Unterstützung - warum es zu diesem Punkt überhaupt kommt, ist sicherlich für jede Beziehung ganz individuell und wurde hier nicht untersucht. Das Muster, nach dem der Prozess bis zur Trennung verläuft, ähnelt sich aber offenbar.
Der Rückgang der Zufriedenheit gliedert sich demnach in zwei Phasen: Zunächst sinkt die Beziehungszufriedenheit über mehrere Jahre hinweg nur ganz leicht ("präterminale Phase"). Dann kommt es zu einem Knick, der als Transitionspunkt bezeichnet wird und ab dem die Beziehungszufriedenheit stark abfällt. Die terminale Phase – oder Endphase – ab diesem Wendepunkt dauert zwischen 7 und 28 Monaten, also im Durchschnitt ein bis zwei Jahre. "Ist diese Phase erreicht, kommt es später ausnahmslos zur Trennung. Dies sehen wir daran, dass nur die Trennungsgruppe, aber nicht die Kontrollgruppe diese Endphase erreicht", beschreibt Bühler den Ablauf.
Endphase der Beziehung wird von den Partner:innen unterschiedlich eingeschätzt
Allerdings ist der Wendepunkt nicht für beide gleich. Die Person, die letztlich die Trennung einleitet, ist schon zu einem früheren Zeitpunkt mit der Beziehung unzufrieden. Dagegen erlebt die Person, die verlassen wird, den Transitionspunkt erst relativ spät vor der Trennung, dann aber nimmt die Beziehungszufriedenheit rapide ab.
"Paare gehen also durch verschiedene Phasen hindurch, sie trennen sich in der Regel nicht von heute auf morgen, und diese Phasen werden von beiden Partnern unterschiedlich erlebt", so Bühler. Aber sie suchen häufig erst dann Hilfe, wenn der Transitionspunkt erreicht und es somit oft schon zu spät ist. "Es ist wichtig, dass wir diese Muster erkennen. Wenn sich die Partner in der präterminalen Phase befinden, noch bevor es steil bergab geht, können Bemühungen zur Verbesserung der Beziehung effektiver sein und eine Trennung kann vielleicht verhindert werden", so die Psychologin, die selbst auch Paartherapeutin ist.
Wenn ihr also in eurer Beziehung in einer Phase der stetig sinkenden Zufriedenheit steckt, nehmt es nicht einfach hin, wenn euch eure Beziehung etwas wert ist. So lange ihr noch nicht am point of no return angekommen seid, könnt ihr noch etwas retten. ;-)
Die Studie wurde im Fachmagazin Journal of Personality and Social Psychology veröffentlicht.
Quelle
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 27. März 2025