Getreu der Hippokrates von Kos' Lebensweisheit "Wenn Du dein Leben selbst nicht änderst, kann dir nicht geholfen werden", schlittert die arbeitslose Protagonistin Helle Anja Janning des Autorenduos Morgenthaler und Tüxen von einer verrückten Situation in die nächste hinein, ohne recht zu wissen, wie ihr all das nur passieren konnte. - Und mutiert von Metzgerin zur Chirurgin, ohne mit der Wimper zu zucken!
Und dabei hilft sie nicht nur sich selbst und ihren Liebsten (u.a. ihrer erwachsenen Tochter) aus der Patsche, sondern rettet auch noch versiert und mitfühlend Menschenleben als falsche Ärztin, die echte in ihrem Arbeitseifer und ihrer Genialität locker in den Schatten stellt.
En passant lernt man auch noch medizinische Fachausdrücke.
Ihr privates Leben ist eine Achterbahn der Gefühle und Ereignisse, das sich mit dem beruflichen derart verstrickt, dass sie beides nicht mehr auseinanderhalten kann - und eigentlich auch nicht will.
Ganz en passant werden heikle Themen wie Rassismus, Ausbeutung von Arbeitnehmer:innen und Frauen, Aufenthaltsrecht, Misogynie, Patriarchat, Feminismus, sexuelle Befreiung, das Darknet und seine skurrilen Lebewesen darin sowie die gnadenlose Allmacht der Jobcenter angesprochen, ohne dabei an Humor, Lebensweisheiten und einer deftigen Portion Sex einzubüßen.
Obgleich sie eine Betrügerin ist, wirkt sie von Anbeginn sympathisch und geradezu liebenswert echt. Und so kommt es, dass man als Leser:in bis zum Ende um sie und ihre Liebsten bangt, obwohl man Betrug doch per se eigentlich verdammen sollte... ;-)
Das Ende sei der Spannung halber nicht verraten. Nur soviel: Nach gefühlt tausend Wendungen wird alles gut!

Es ist ein Roman, so spannend, heiter und abwechslungsreich geschrieben, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag - und auf eine Fortsetzung mit Helle hofft... Ich empfehle dieses Buch jedem/jeder Leser:in, der oder die sich zugleich amüsieren will, aber auch nichts gegen ernste Themen einzuwenden hat.

Erschienen bei S. Fischer Verlag