Der Ursprung des Bösen
Autor: Jean-Christophe Grangé
übersetzt von Ulrike Werner-Richter
Während sich dichter Nebel über die französische Kleinstadt Bordeaux legt, geschieht ein grausamer Mord. Ein junger Drogenabhängiger wird ermordet und mit einem Stierschädel auf dem Kopf in einer Bahngrube liegen gelassen. Am gleichen Ort wurde tags zuvor ein hünenhafter, blutbefleckter Mann gefunden, der sich an nichts mehr erinnern kann. Er kann weder sagen, was er dort am Bahnhof gemacht hat, noch wer er überhaupt ist. Ein klarer Fall für die Psychiatrie und so wird der Unbekannte an den Psychiater Mathias Freire geben. Dieser stellt schnell fest, dass es sich bei dem Mann um einen sogenannten Reisenden ohne Gepäck handelt. Das ist jemand, der durch ein traumatisches Erlebnis seine Erinnerung sozusagen als Schutz verloren hat. Friere beschließt, sich dem Schicksal des Mannes anzunehmen. Zur gleichen Zeit beginnt die junge Kommissarin Anaïs mit den Ermittlungen zu dem ermordeten Drogenabhängigen. Tappt sie zunächst noch im Dunkeln, so trifft sie später auf Fingerabdrücke die sie zu einem Mann führen, der zwar aussieht wie Mathias Freire, aber einen den Namen Victor Janusz trägt. Der Psychiater wird zur selben Zeit von merkwürdigen Männern verfolgt, die ihm nach dem Leben trachten. Auf seiner Flucht merkt er, dass er gar nicht Mathias Friere ist, sondern als Obdachloser unter dem Namen Victor Janusz auf der Straße gelebt hat. Ist er selbst ein Reisender ohne Gepäck? Wie hat er es dann zu einer Anstellung als renommiert Psychiater geschafft? Und was hat er mit dem merkwürdigen Ritualmord zu tun? Freire alias Janusz macht sich daran, sein altes Ich zu erkunden und findet dabei heraus, dass Janusz nicht die letzte Persönlichkeit ist, die er angenommen hat.
Der Autor Jean-Christophe Grangé ist in der Thrillerszene gute bekannt, stammen doch die Bücher „Der Flug der Störche“ und „Die purpurnen Flüsse“ aus seiner Feder. Kennt man diese Werke, weiß man, dass Grangé gerne auch grausame und ekelerregende Szenen genauer beschreibt. An einigen Stellen dieses Buches wurde mir daher auch leicht schlecht beim Lesen. Beispielsweise erzählt Grangé sehr genau, wie der Psychiater sich in einen Obdachlosen zurück verwandelt und welche Körperflüssigkeiten dabei eine Rolle spielen. Auch die grausamen Morde, die in diesem Buch beschrieben werden, sind nichts für schwache Nerven. Stört sich der Leser jedoch nicht an solchen Schilderungen, bekommt er eine spannende Geschichte geboten, in der gleich mehrere Zutaten für einen guten Thriller stecken: Da gibt es ein mysteriöses Unternehmen, das vermutliche Versuche an Menschen durchgeführt hat. Dann sind da viele Anspielungen auf die Psychologie und auf außergewöhnliche Morde. Obwohl der Thriller aus Frankreich stammt, erinnert er mich eher an ein amerikanisches Buch aus dem gleichen Genre. Obwohl das Buch stolze 860 Seiten fast, gibt es nur wenige Stellen, an denen es wirklich einmal langatmig wird. Allein der Beginn zieht sich ein bisschen. Hat man es aber dann bis zu der Stelle geschafft, an der die Kommissarin ins Spiel kommt, wird es spannend. So interessant diese „Thrillerzutaten“ sind, so abstrus wird die Geschichte leider auch. An einigen Stellen wird die Story wirklich sehr an den Haaren herbei gezogen. So hat Friere eigentlich ein stabiles Leben, als ihn auf der Flucht jemand mit einem anderen Namen anspricht, wird er aber alles andere als stabil. Er kommt sogleich ins Zweifeln und stellt fest, dass er gar nicht die Person ist, für die er sich hält. Das schien mir doch eher unlogisch. Auch schafft es der Psychiater mehrmals unbewaffnet zwei bewaffneten Spezialkämpfern zu entkommen, die schließlich auch verletzt werden, aber an die sich später keiner mehr erinnert. Wer jedoch auf solche „Kleinigkeiten“ verzichten kann, nicht zu zart besaitet ist und einen Wälzer nicht scheut, dem sei das Buch empfohlen.
*Erschienen bei Bastei Lübbe*
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