Die andere Seite der Wahrheit
Autorin: Charity Norman
Übersetzt von Sylvia Strasser
Joseph Scott, 3-facher Familienvater und Geschichtslehrer, kommt nach drei Jahre Gefängnis auf freien Fuß. Anklage: Körperverletzung mit Todesfolge an seiner Frau, im Beisein der damals 4-, 7-und 12-jährigen Kinder. Die traumatisierten Halbwaisen Scarlet, Theo und Ben leben jetzt bei seinen Schwiegereltern Hanna und Freddie. Josephs einziges Ziel nach der Haftentlassung ist es, seine Kinder wieder zu bekommen, für Hanna und Freddie ein weiteres Verbrechen das er begeht, wie kann er nur nach diesem Vorfall, bei dem er ihnen die einzige Tochter, das einzige Kind genommen hat so etwas verlangen. Auch die Kinder lehnen jeden Kontakt mit dem Vater ab.
Jospeh kämpft um seine Kinder, muss sich gleichzeitig um eine Unterkunft und Arbeit bemühen, was in einem kleinen Dorf mit seiner Vorgeschichte fast unmöglich erscheint. Doch Sozialarbeiter und Richter geben nicht nach und es kommt zu gelegentlichen Treffen unter Aufsicht.
Scarlet, die Älteste bohrt und gräbt weiter nach den Gründen, die den Vater zum tödlichen Schlag an der Mutter veranlasst haben, woraufhin sie auf den Kaminsims aufprallte und verstarb. Sie kann sich nicht damit zufriedengeben ihm nicht zu verzeihen, schließlich ist er der Einzige Vater, den sie jemals haben werden und auch die Großeltern werden immer älter, Opa Freddie erleidet mehrere kleine Schlaganfälle und Oma Hanna muss ihre Berufstätigkeit zu Gunsten der Pflege ihres Mannes und der Mutterrolle gegenüber ihren Enkelkindern aufgeben. Im Dorf wird gesprochen, die „Mutter war in einer Anstalt“ und „irgendwann musste es ja soweit kommen“, „sie lässt nichts anbrennen“ … Auch die Großeltern müssen sich eingestehen, ihrem Schwiegersohn nicht alles über ihre Tochter offenbart zu haben und ihm nicht beigestanden zu sein, obwohl sie wussten, wie es um sie stand. Wäre das Unglück vielleicht zu verhindert gewesen? Können die Kinder verzeihen und ein neues Familienleben aufbauen und verkraften?
Auf 476 Seiten entspinnt Charity Norman einen Roman um Schuld, Vergebung, Wahrheit und die andere Seite der Wahrheit. Eine Familiengeschichte die fragt, wie viel hält eine Familie eigentlich aus? Der Schreibstil der englischsprachigen Autorin ist flüssig, emotional und nah am Geschehen. Sie wechselt die Perspektiven, was jeweils durch Namensnennung am Absatzbeginn vermerkt ist und als Leser konnte ich mich in alle Protagonisten einfühlen, spannend und sehr authentisch wirkten zudem die Gerichts- und Anwaltszenarien, nicht verwunderlich schließlich ist die Autorin ursprünglich Anwältin im Bereich Straf- und Familienrecht.
Mal eine etwas andere Familiengeschichte, spannend und schön, wie Joseph in Rosie eine Frau mit eigenen Geheimnissen findet und beide neu anfangen wollen, Scarlet immer weiter bohrt, da sie nicht weiß wie sie mit dem Verlust des Vaters durch Nicht-Verzeihen umgehen soll und Ben, der Oma Hanna nicht wehtun will. Flüssig und schnell zu lesen ist es eine tolle Bett- oder Urlaubslektüre. Empfehlenswert.
*Erschienen bei: Bastei Lübbe*
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Autorin / Autor: likemoon - Stand: 7. März 2016