Die Bücher, der Junge und die Nacht
Autor: Kai Meyer
Leipzig 1943: Ein Junge lebt eingesperrt in einem Raum voller Bücher. Als die Stadt brennt, wird er von einem Mann mit Gasmaske gerettet, der ihn fortan mitnimmt auf seiner Reise durch die immer stärker zerstörten Städte des Landes, immer auf der Suche nach gebundenen Schätzen.
10 Jahre vorher, 1933, schlägt der Buchbinder Jakob Steinfeld sich mit seinem mächtigen Nachbarn (dem Verleger Pallandt) herum, der seine Buchbinderei am liebsten dem Erdboden gleich machen würde. Und er sieht sich der stetig wachsenden Macht des Nationalsozialismus gegenüber, der wie eine Krankheit aus allen Ritzen zu kriechen scheint und dessen Anhänger den freigeistigen Buchbinder auf dem Kieker haben. Als eine junge Frau in seine Buchhandlung tritt, die ihn darum bittet, ihr Buch zu binden, muss Jakob sich entscheiden: Geht er den einfachen Weg, oder will er mehr herausfinden über die Strippenzieher:innen von Leipzig?
Die dritte Figur, die wir auf ihrer Reise begleiten, ist Robter. Der Büchernarr ist 1974 als Bibliothekar tätig und trifft in der Bibliothek der Pallandts auf einen Schatz, der einen Schlüssel zu seiner Vergangenheit bereithält.
Geschickt verknüpft Kai Meyer in diesem Buch drei Stränge miteinander. Die Protagonist:innen zeigen einem, dass nicht nur die Liebe zu Büchern über die Jahre immer wieder eine Rolle gespielt hat, sondern beleuchten auch aus je eigener Perspektive die politischen Ereignisse der jeweiligen Zeit. Meyer schenkt uns Anspielungen auf Dumas und Goethe und spickt seine Geschichte mit Berichten von Bombenhageln, der Grenzkontrolle zwischen der DDR und dem Westen und aus den Anfangstagen des Nationalsozialismus. Dadurch bleibt die Geschichte stets spannend und lehrsam zugleich. Statt mit Fantasyelementen (die Leser:innen der Fließenden Königin-Reihe vielleicht erwarten) streut Meyer hier immer wieder Querverweise auf okkulte Praktiken ein. Was verwirrend klingt, passt hier ausgesprochen gut und gibt dem Buch eine weitere Tiefe.
Als Leser:in begleitet man die drei Figuren und Erzählstränge im unregelmäßigen Wechsel, die Jahreszahlen über den Kapiteln helfen dabei, sich in den Geschichtssträngen zurechtzufinden. So setzt sich nach und nach die ganze Geschichte wie ein Puzzle zusammen. Während bestimmte Plot-Twists vorhersehbar sind, oder sogar schon im Klappentext anklingen, bleiben andere Fragen lange ungeklärt, was die Spannung für die Leser:innen nur steigert. Ein sehr gelungenes Buch und eine klare Leseempfehlung für Bücherliebhaber:innen - ganz egal, ob du historische Romane oder Abenteuergeschichten bevorzugst oder auf eine Liebesgeschichte aus bist, hier wirst du fündig.
*Erschienen bei Knaur HC *
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Autorin / Autor: Johanna94 - Stand: 30. Januar 2023