Die Hungrige
Autorin: Claire Kohda
ins Deutsche übersetzt von Barbara Schaden
Lydia ist hungrig, seit sie denken kann. Als Vampirin, die in einer Welt voller Normalsterblicher aufwuchs und nur ihre ebenfalls vampirische Mutter als Bezugsperson hatte, hat sie gelernt, dass ihr Dasein verwerflich ist und sie es deshalb gerade einmal verdient hat, sich von Schweineblut zu ernähren. Nur menschliches Blut würde sie wirklich sättigen, doch obwohl ihre Mutter mittlerweile alt, verwirrt und in einem Heim ist, schafft Lydia es nicht, aus den von ihr antrainierten Verhaltensmustern auszubrechen. Und eigentlich möchte sie das auch gar nicht – denn Lydia wäre gern wie die Menschen, beneidet sie darum, essen zu können, was sie wollen und will nicht zu dem Monster werden, das ihre Mutter in allen Vampiren sieht.
Doch allein und auf sich gestellt wird es irgendwann schwierig, an Schweineblut heranzukommen. Und Lydia muss essen. Die Frage ist nur – was? Oder … wen?
„Die Hungrige“ von Claire Kohda ist ein großartiges Buch, das ich wirklich unglaublich gern gelesen habe! Von Anfang an habe ich mit Lydia mitgefühlt, die so gern in die Gesellschaft passen möchte, aber immer wieder feststellen muss, dass sie einfach zu anders ist, um dazuzugehören. Trotzdem versucht sie es weiter, hält den fürchterlichen Hunger aus, der ihr ständiger Begleiter ist, widersteht wiederholt dem Drang, sich einfach an einem Menschen zu vergreifen und versucht ihrem Traum, Künstlerin zu werden, nachzugehen.
Dabei erlebt sie auch Dinge, die ebenso ganz normalen Frauen passieren, weil die Gesellschaft ja nicht weiß, was sie ist. Ihr Umgang damit bzw. ihre teilweise völlig andere Denkweise haben mich fasziniert. Im Gegensatz dazu gibt es auch Passagen, in denen ich mich trotz allen Mitgefühls richtig ein bisschen vor Lydia geekelt habe. Eigentlich habe mich beim Lesen ebenso ambivalent gefühlt wie Lydia.
Tatsächlich habe ich mich zeitweise auch gefragt, ob Lydias Mutter sie vielleicht belogen hat und sie normales Essen doch verdauen könnte. Ob dies aufgelöst wird, will ich an dieser Stelle nicht verraten. Es war jedenfalls durchweg spannend und faszinierend, Lydia durch ihren Alltag zu begleiten.
Auch das Ende hat mir gut gefallen und ich hatte das Gefühl, das Lydia endlich für sich einstehen konnte, nachdem sie so lange Rücksicht auf alle anderen genommen hat. Und obwohl sie tat, was sie auf den letzten Seiten eben getan hat, hoffe ich für sie, dass sie ihren Platz in der Welt finden kann. Also: Ein super Buch, das die Thematik des fürchterlichen „Blutdursts“, von dem in anderen Vampirgeschichten so oft die Rede ist, einmal ganz anders angeht und das ich gern weiterempfehle!
Erschienen bei btb
Autorin / Autor: Sara H. - Stand: 27. Mai 2024