Die Meute der Mórrigan
Autorin: Pat O’Shea
Übersetzt von Bettine Braun
Das Abenteuer der Geschwister Pidge und Brigit beginnt, als sich der zehnjährige Pidge in einem Antiquariat von einem Stapel Blätter angezogen fühlt. Ohne selbst zu wissen, wieso es ihm so wichtig ist, kauft er es kurzerhand. Auf seinem Weg von der irischen Kleinstadt nach Hause trifft er auf ungewöhnliche Gestalten und ihm werden gefährliche Streiche gespielt. Erleichtert, dass ihm nichts passiert ist, kommt er zuhause an. Doch das ist erst der Beginn der merkwürdigen Ereignisse.
Pidge erfährt, dass auf einem der Blätter die böse Schlange Olc-Glas gebannt war, die er nun allerdings befreit hat. Dadurch hat er die Fortsetzung eines uralten Machtkampfs zwischen den Göttern der irischen Mythologie heraufbeschworen.
Die drei Hexenköniginnen sind auf der Jagd nach dem Olc-Glas und treten getarnt in die Welt der Menschen ein. Zusammen mit ihren Hunden versuchen sie, Pidge und Brigit, die von ihrem älteren Bruder in das Abenteuer eingeweiht worden ist, den Olc-Glas streitig zu machen.
Die Geschwister erhalten viel Hilfe durch Tiere, die plötzlich sprechen können und allerhand anderer seltsamer Leute.
Doch kaum, dass sie es geschafft haben, das Blatt einigermaßen in Sicherheit zu bringen, erhalten sie vom Dagda, einem großen irischen Gott, eine neue Aufgabe. Sie sollen den Kieselstein finden, auf dem ein Bluttropfen der mächtigen Hexenkönigin Mórrigan eingetrocknet ist. Nur dadurch könne der Weltfrieden gewahrt werden. Sollten ihnen die Hexen zuvorkommen, würden sie zu ihrer alten Macht gelangen und die Welt ins Chaos stürzen.
So begeben sich Pidge und Brigit auf eine lange Reise, auf der sie vielen Göttern, Helden und anderen Elementen der irischen Mythologie begegnen. Überall bekommen sie Hilfe und machen viele neue Freunde. Ein Wechselspiel zwischen der Flucht vor den Hexen und ihren Hunden und einer abenteuerlichen, magischen Reise.
Das Thema der Geschichte ist unbestreitbar die Reise der Geschwister durch Tír na nÓg (wie im Laufe der Geschichte klar wird), was ein Ort der Anderswelt in der irisch-keltischen Mythologie ist.
Dadurch treffen sie viele mythische Figuren und der Leser erfährt ihre grobe Hintergrundgeschichte und Funktion in dem großen Geflecht der Mythologie.
Ich persönlich interessiere mich sehr für Mythen und Legenden. Dabei lese ich meistens über die griechischen und römischen, was wohl auch damit zu tun haben wird, dass sie die populärsten und bekanntesten sind. Auch die nordische oder ägyptische Mythologie findet man häufig irgendwo.
Von der irischen jedoch habe ich vor dem Lesen dieses Buches noch nicht viel gewusst.
Durch die Geschichte habe ich einen guten Eindruck bekommen, was für eine Art der Vielfalt die irische Mythologie besitzt. Allerdings wurde sich sehr häufig auf eher „nebensächliche“ Figuren bezogen, wodurch einem möglicherweise die Grundstruktur fehlt. Der Fokus lag auf einem bestimmten Streit und hat allgemein sehr wenig Götter erwähnt, die für viele das Interessanteste an der irisch-keltischen Mythologie bedeuten könnte.
Für mich spielte das keine Rolle, aber trotzdem hat sich das Lesen ziemlich in die Länge gezogen.
Dazu muss kurz die Struktur des Buches beschrieben werden. Nach einem kurzen Prolog ist die Geschichte in drei Teile strukturiert. Dabei enthält der erste Teil 16, der zweite Teil 35 und der dritte Teil 14 Kapitel. Zusammen mit dem Epilog sind das 568 Seiten. Das macht das Buch zu einem guten Schmöker. Die meiste Zeit ziehen Pidge und Brigit durch die Landschaft, sind auf der Flucht, haben ein Problem, treffen neue Freunde, die ihnen bei ihrem Problem helfen, verabschieden sich und ziehen weiter. Diese Abfolge kommt besonders im zweiten Teil des Buches seeeehr häufig vor und macht es teilweise absehbar, was so ungefähr als nächstes passiert. Auf die konkrete Problemlösung bin ich jedoch zugegebenermaßen nie gekommen. Dieses Prinzip erinnert allerdings auch sehr an Geschichten wie „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“.
Das heißt, wenn man auf der Suche nach einer ähnlichen Geschichte ist, könnte man hier fündig werden. Nichtsdestotrotz haben sich einige Szenen für mich (auch als Fan dieses Geschichten-Typs) ziemlich gestreckt und ich musste mich anstrengen, konzentriert zu bleiben.
Binsenlicht und Zipperlein
Eine weitere Besonderheit des Buches ist die Wortwahl. Ich persönlich fand sie sehr amüsant, weil ich viele Wörter so in der Form lange nicht mehr gelesen habe. Bei jüngeren Lesern könnte ich mir vorstellen, dass es bei Wörtern wie „Studentenulk“, „Mätzchen“, „Binsenlicht“ und „Zipperlein“ mal zur Verwirrung kommen könnte.
Der Grund für die Wortwahl dürfte sein, dass das Original bereits 1985 veröffentlicht wurde und die Geschichte selbst zwar bereits in der „modernen Zeit“ stattfindet, diese jedoch nicht mit der heutigen Moderne und ihren Technologien vergleichbar ist. Besonders die Darstellung von Kindern hat sich meiner Meinung nach im Laufe der Zeit geändert. Pidge redet in dem Buch sehr gebildet und ist zu allen älteren Menschen sehr höflich. Auch seine Gedankengänge sind recht komplex und man merkt, wie reflektiert er bereits ist. In vielen neuen Büchern heutzutage sind die Kinder sehr viel frecher und weniger komplex.
Dadurch spricht das Buch nicht nur das jüngere, sondern auch das ältere Publikum an. Wären die Kinder „dümmer“ gewesen, wäre es eine sehr simple Geschichte gewesen, die mich nicht angesprochen hätte. So allerdings konnte ich mich zwar nicht direkt mit den Geschwistern identifizieren, sie jedoch einigermaßen nachvollziehen.
Als Fazit kann ich sagen, dass es eine sehr schöne und angenehme Geschichte ist, die sich allerdings sehr streckt. Über einen längeren Zeitraum mit mehreren Pausen kann man sie allerdings gut lesen. Für diejenigen, die sich ein wenig mit der irischen Mythologie beschäftigen möchten, kann das Buch auch sehr ansprechend sein.
*Erschienen bei Freies Geistesleben*
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Autorin / Autor: Laura Koch - Stand: 30. Oktober 2023