Eine Fünf für Pfusch am Foto
US-Forscher tüfteln an Bewertungstool für retuschierte Bilder
Als aufgeklärte ComputernutzerInnen wisst ihr natürlich, dass kein Mensch wirklich so perfekt aussieht, wie es uns die Fotos von Supermodels auf Plakatwänden und in Werbespots vorgaukeln möchten. Dennoch hinterlassen die oberschlanken Körpermaße, die hyperlangen Beine und die makellosen Gesichter ihre Wirkung auf uns BetrachterInnen. Nicht selten führen diese retouchierten Fotos dazu, dass Mädchen (und inzwischen auch viele Jungs) sich an den vorgehaltenen Bildern orientieren und daraufhin magersüchtig werden oder an anderen Essstörungen erkranken. Viele Länder reagieren nun auf diesen Zusammenhang zwischen "Bilderlügen" und krankhaftem Magerwahn und wollen, dass retouchierte Fotos auch als solche gekennzeichnet werden. Doch wird eine Aussage "dieses Bild wurde digital bearbeitet" wirklich helfen, das ganze Ausmaß der Manipulation zu sehen? Nahezu jedes Bild wird ja bearbeitet: die Farbe, die Helligkeit, die Hintergründe.
Das brachte die amerikanischen Informatiker Erik Kee und Hany Farid vom Dartmouth College in Hanover auf die Idee, eine Methode zu entwickeln, die mehr aussagt als nur die Angabe, wieviele Pixel geändert wurden. Sie wollen mit ihrem Index von der anderen Seite, nämlich der des Betrachters an die Sache herangehen und herausfinden, wie stark der Einfluss eines veränderten Bildes auf die BetrachterInnen ist. Ihr Programm beleuchtet die Manipulation der Körper- und Gesichtsgeometrie und der Lichtverhältnisse. Zum ersten Thema gehören Veränderungen der Arm- und Beinlänge, einen insgesamte Verschlankung des Körpers und Retusche der Gesichtsformen (größere Augen und Symmetrie). Zum Thema Lichtverhältnisse gehören Manipulationen der Hautfarbe (z. B. das Wegretuschieren von Augenringen oder das wundersame Verschwinden von Cellulitis durch Weichzeichner-Programme).
Um einen Algorithmus für ihr Programm zu entwickeln ließen die Forscher zusätzlich zu ihren eigenen Auswertungen 390 Testpersonen 468 Paare von Vorher-Nachher-Bildern anschauen. Sie bekamen die Aufgabe, die Bilderpaare auf einer Skala von von 1 bis 5 zu kategorisieren; eine 5 gab es für sehr starke Unterscheidung zwischen Original und Fälschung, eine Eins für weitestgehende Übereinstimmung. Die Zusammenführung der "menschlichen" Ergebnisse mit denen des Computerprogramms ergaben für die Forscher dann ein optimales Auswertungstool, mit dem man künftig retuschierte Bilder benoten könnte.
Sind wir also gespannt, wann wir die ersten Noten für`s "Vertuschen" unter den Werbeglanzbildern entdecken, und ob das ein wirklich geeignetes Mittel gegen krankhaftes Nacheifern wird...
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 30. November 2011