Eingebildeter Muskelschwund

Studie: TikTok und Instagram lösen bei vielen jungen Männern eine Besessenheit von einem schlanken und muskulösen Körperbau aus

Dass Social-Media-Plattformen einen oft einen ungesunden Einfluss auf das Körperbild junger Frauen und Mädchen haben können, ist inzwischen bekannt. Laut einer neuen australischen Studie fördern TikTok und Instagram aber auch bei vielen jungen Männern eine unrealistische, ungesunde Besessenheit von einem schlanken und muskulösen Körperbau. Männer, die großen Wert darauf legen, dass ihre Posts geliked und positiv kommentiert werden, leiden demnach deutlich häufiger unter Symptomen der so genannten „Muskeldysmorphie“ (MD) - einer Überzeugung, dass ihr Körper klein und schwach ist, obwohl viele von ihnen einen guten Körperbau haben. Bei der Muskeldysmorphie handelt es sich um eine Störung des Selbstbilds, die hauptsächlich Männer betrifft. Die Bezeichnung wurde in den 1990er Jahren durch mehrere Studien des US-amerikanischen Psychiaters Harrison Pope bekannt und im deutschsprachigen Raum auch "Adonis-Komplex" oder "Muskelsucht" genannt. Der Psychologe Roberto Olivardia nennt folgende Gemeinsamkeiten bei Muskelsüchtigen: hoher Grad an Perfektionismus, geringes Selbstwertgefühl, Unzufriedenheit mit dem eigenen Körperbild und eine schlechte oder gar keine Beziehung zum Vater. Damit ähnele die Krankheit der Magersucht.

Muskeldysmorphie ist ein aufkommendes Problem

In einer Online-Umfrage unter fast 100 Männern im Alter von 18 bis 34 Jahren gaben alle zu, dass sie sich auf Social-Media-Seiten Inhalte über Prominente, Mode und Fitness ansehen. Aber das allein löst noch keine Körperbildstörung aus. Erst die Kommentare unter den Posts führten offenbar zu einem nachweisbaren Zusammenhang. Der Psychologie-Absolvent und Studienleiter der University of South Australia, Luigi Donnarumma, erklärt, die Ergebnisse zeigten, dass einen Zusammenhang zwischen dem auf dem Aussehen basierenden Feedback in sozialen Medien und den Sorgen um das Körperbild von Männern gebe.
„Die bisherige Forschung hat sich weitgehend auf Frauen konzentriert, aber wir sehen jetzt, dass auch Männer dem Druck von Online-Körperidealen ausgesetzt sind“, so der Psychologe. „Muskeldysmorphie ist ein aufkommendes Problem, und unsere Studie zeigt, dass soziale Medien nicht nur eine Plattform für den Austausch von Inhalten sind: Sie sind eine mächtige Quelle sozialer Bestätigung, die einen erheblichen Einfluss darauf haben kann, wie junge Männer ihren Körper wahrnehmen.“

Hyper-muskulöse Ideale

Die Studie ergab, dass 19 % der Umfrageteilnehmer den Schwellenwert für MD überschritten, was darauf hindeutet, dass bei diesen jungen Männern ein erhebliches Risiko besteht, dass sie unrealistische Vorstellungen von ihrem Körper haben.
Laut Dr. John Mingoia, dem Mitautor der Studie, zeige die Untersuchung, dass das Bewusstsein für die psychologischen Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Medien geschärft werden müsse.
„Männer sind im Internet oft hyper-muskulösen Idealen ausgesetzt, insbesondere durch Fitness- und Promi-Inhalte. Wenn diese Beiträge viele Likes und positive Kommentare erhalten, verstärken sie die Botschaft, dass dies der Körperstandard ist, den Männer anstreben sollten. Mit der Zeit kann dies zu schädlichen Verhaltensweisen wie übermäßigem Sport, eingeschränkter Ernährung und sogar dem Gebrauch von Steroiden führen“.

Die Forscher schlagen vor, dass eine geringere Beachtung von Posts in sozialen Medien eine Möglichkeit sein könnte, Muskeldysmorphie zu bekämpfen, zusammen mit gezielten Initiativen zur psychischen Gesundheit, um Körperprobleme bei Männern anzugehen.

Die Studie „An investigation of the relationship between social networking site activities and muscle dysmorphia in young men“ ist in New Media & Society erschienen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 13. November 2024