Emily Wildes Atlas der Anderswelten
Autorin: Heather Fawcett
Übersetzt von: Eva Kemper
Mit großem Vergnügen habe ich Heather Fawcetts wunderschön aufgemachtes Buch über das neueste Projekt von Professorin Emily Wilde, den „Atlas der Anderswelten“, gelesen.
Dieses Mal lässt uns die Dryadologin aus Cambridge mit ihrem Tagebuch an ihren Abenteuern in einem kleinen Bergdorf in den österreichischen Alpen teilhaben. Und das ist -genau, wie beim ersten Band- eine höchst spannende und sehr unterhaltsame Geschichte!
Die Handlung setzt die Geschehnisse aus dem ersten Buch fort, und bereits auf der ersten Seite ist man wieder mittendrin in dieser wundersamen Welt, welche in etwa der unseren im frühen 20. Jahrhundert entspricht. Nur, dass hier die Dryadologie schon jahrhundertelang eine anerkannte Wissenschaft ist! Die wissenschaftliche Kunde von Feen, ihren Reichen in der sogenannten Anderswelt und alles, was damit zusammenhängt, wird hier tatsächlich an Universitäten studiert und gelehrt, wobei das Geschlecht absolut keine Rolle spielt. Und ohne Details zu verraten, sind interessanterweise auch andere Aspekte aus unserer Zeit in der Welt von Professorin Wilde völlig normal.
Obwohl Emily Wilde sich selbst zunächst im ersten Band als typische trockene, fast verstaubt wirkende, schrullige Wissenschaftlerin ohne Sozialkompetenz darstellte, wird hier schnell eine Entwicklung fortgesetzt, die einer Art Aufwachen aus einem Dornröschenschlaf gleicht. Die eigene Verwunderung darüber wird in ihrem Tagebuch deutlich, aber dennoch schafft sie es, ihre wissenschaftlichen Standards weitestgehend beizubehalten.
Auch der männliche Protagonist, Emily Wildes Kollege und früherer Rivale Professor Wendell Brambleby, ebenfalls Dryadologe und seines Zeichens exilierter Elfenkönig, gewinnt mehr Profil. Außerdem ist er nicht nur Hauptgrund für Emily, alte Verhaltensmuster eher unbewusst langsam zu ändern, sondern er gewinnt nun auch endgültig Emilys Herz, was sie aber lange nicht zugeben kann und will.
Der flüssige Tagebuch-Stil passt dabei wunderbar zur Geschichte. Zwar wird der Lesefluss immer mal wieder durch Fußnoten unterbrochen, aber dies hat mich nicht wirklich gestört, da es gut den Schreibstil ergänzt und so die Tagebucheinträge an eine wissenschaftliche Abhandlung erinnern. Die Sprache selbst ist klar und leicht verständlich, eher nüchtern und vom Stil her wunderbar dem Zeitgeist des frühen 20. Jahrhunderts angepasst. Hervorzuheben ist vor allem, wie gut es der Autorin gelingt, die persönlichen Veränderungen der Protagonistin quasi in ihren eigenen Worten zu schildern.
Alles in allem eine rundum gelungene Fortsetzung, von der hoffentlich eine weitere, ebenso unterhaltsame, folgt!
Erschienen bei FISCHER Tor
Autorin / Autor: Miriam W. - Stand: 26. Juni 2024