Feder & Klinge

Autorin: Rebecca Andel

Ariane ist der Hauptcharakter des Buches „Feder und Klinge“ von Rebecca Andel. Seit ihrer Kindheit wird sie von einer Gestalt verfolgt, die plötzlich vor ihr auftaucht und dann wieder verschwindet. Von ihren Eltern und Freunden wird sie schnell für verrückt gehalten, wird später in die Psychiatrie eingewiesen und lebt zu Beginn des Buches mit einer Freundin in einer betreuten WG. Ihre Erlebnisse verarbeitet sie, indem sie ein Buch schreibt, das sie immer wieder mit ihrem Therapeuten Dr. Jelinek bespricht.
Einzelne Passagen dieses Buches sind in einer anderen Schriftart abgedruckt, sodass man als Leser immer sehr gut zwischen der Handlung der „Realität“ und der des Buches unterscheiden kann.

Arianes Buch spielt in einer Anstalt, in der Jugendliche gefangen gehalten werden. Sie haben alle keine Erinnerung mehr an ihre Vergangenheit und tragen statt Namen Nummern. Die meisten von ihnen haben bereits verschiedene Fähigkeiten entwickelt, wie zum Beispiel die Kontrolle über Wasser oder das Unsichtbarwerden. Leiter dieser Anstalt ist Dr. Mobius, der die Fähigkeiten seiner Probanden nutzen möchte, um eine Art Weltherrschaft zu erlangen. Gegen ihn rebelliert Nummer 023, zu dem Ariane sich auch in Realität hingezogen fühlt und dem sie den Namen Raban gegeben hat.
Als Ariane Raban plötzlich in ihrer eigenen Welt trifft, wird ihr klar, dass ihr Buch real geworden ist und sie nun die Welt vor Dr. Mobius Herrschaft retten muss.

All das klingt zunächst nach einem spannenden, wenn auch komplizierten Plot. Tatsächlich hat Ariane einen sehr übermächtigen Fiesling geschaffen, gegen den sie nun antreten muss. Es treten auch noch andere Probleme auf, die die Situation zunehmend erschweren über die hier aber nicht zu viel gesagt werden soll. Um alle Ereignisse doch noch zu einem guten Ende zu führen muss Ariane einen weiteren Band schreiben, der keine Logikfehler aufweist.

Doch anstatt die geschaffene Spannung zu nutzen, driftet das Buch zunächst einmal in eine sehr belanglose Romanze ab, in der Ariane erst einmal gar nicht daran denkt, ihr Buch zu Ende zu bringen, sondern mit Raban einige romantische Wochen verbringt. Das wirkt einigermaßen befremdlich, wo Ariane ihren Charakteren doch helfen möchte. Erst, als es fast schon zu spät ist, macht sie sich doch noch daran, weiterzuschreiben.
Ab diesem Punkt ist die Geschichte in ihrem Buch wesentlich spannender als Arianes verzweifelte Versuche, die Handlung doch noch in richtige Bahnen zu lenken. Das liegt vor allem an Arianes mangelndem Selbstbewusstsein und ihren ständigen langen, jammervollen Monologen.
Eine Freude machen dagegen die neuen Charaktere und Fähigkeiten, die Ariane erfindet. Einige von ihnen wachsen dem Leser besonders ans Herz und man ist doch recht gespannt, wie und ob sie sich aus ihrer Situation befreien können.

Leider vermag das Buch gerade hier nicht durch eine fließende, logische Storyline zu überzeugen. Viele Situationen und Charaktere wirken gezwungen, als wolle man sie ganz bewusst in bestimmte, oft unglaubwürdige Situationen und Verhaltensweisen lenken. Das ist wirklich schade, denn so wird dem Leser die Möglichkeit genommen, sich selbst eine Meinung zu den Charakteren zu bilden und über ihr Verhalten zu urteilen.
Ein gutes Beispiel ist die Charakterisierung Arianes. Es wird schnell klar, dass sie einen sehr differenzierten Blick auf die Welt hat und von den Erlebnissen ihrer Kindheit gezeichnet, vielleicht sogar traumatisiert ist. Dennoch beharrt das Buch darauf, diese Tatsache auf jeder zweiten Seite ausdrücklich zu erwähnen. Das nervt irgendwann gewaltig und sorgt natürlich auch dafür, dass man Sympathie für den Hauptcharakter einbüßt.

Ein weiteres Beispiel ist Arianes Buch selbst. Der Plot ist auf Grund verschiedener Faktoren eigentlich sehr kompliziert und spielt auf mehreren Zeit- und Handlungsebenen. Die Auflösung des Ganzen verspricht viel und hält wenig. Ariane als Autorin ist allmächtig- das Einzige, das sie etwas hindert ist ihre psychische Verfassung. Leider bedeutet das, dass Lösungen künstlich verzögert werden und schlussendlich auch nicht so interessant oder genial ausfallen, wie sie hätten sein können.
Damit ist Feder und Klinge ein Buch, das mit viel Potenzial beginnt und es leider nicht schafft, dieses bis zum Ende hin konsequent auszuschöpfen.


*Erschienen bei Uberreuter*

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Autorin / Autor: imber - Stand: 28. August 2018