Flaschenpost gegen den Strom

Vom Winde verweht: Forscher_innen untersuchen, welchen Einfluss der Wind auf Strömungen in der Nordsee hat und was das für den Müll bedeutet, der an der Meeresoberfläche schwimmt.

Im Frühjahr 2018 trieben die Holztäfelchen an die britische Ostküste bis nach Schottland. Foto: Thomas Badewien/ Universität Oldenburg

Eine Flaschenpost, die einsam im Meer vor sich hin dümpelt bis sie schließlich von einem oder einer glücklichen Finder_in aus dem Wasser gefischt wird: Wer in den letzten Jahren am Meer war, weiß, wie wenig dieses Bild mit der Realität zu tun hat. Zwischen Plastiktüten, alten Fischernetzen, Kanistern und vielen anderen Dingen lässt sich eine echte Flaschenpost kaum noch auftreiben. Mit etwas Glück kann man an der britischen Ostküste aber das eine oder andere Holztäfelchen aus dem Projekt „Makroplastik“ finden.

*Ein Forschungsprojekt über Müll im Meer*
Seit dem Jahr 2016 beschäftigen sich Forscher_innen der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit diesem Makroplastik, das an der Oberfläche unserer Meere schwimmt. Im Rahmen des vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium finanzierten Projekts „Makroplastikmüll in der südlichen Nordsee – Quellen, Wege und Vermeidungsstrategien“ geht es der interdisziplinären Forschungsgruppe unter anderem darum, herauszufinden, wo der Plastikmüll herkommt, wer ihn verursacht und ins Meer schmeißt.

Mit einem Teilaspekt, nämlich der Meeresströmung und der mit ihr verbundenen Verteilung des Plastiks, hat sich ein Team aus Meeresforschern der Oldenburger Universität und des Helmholtz-Zentrums Geesthacht unter Leitung des Ozeanografen Prof. Dr. Emil Stanev beschäftigt. Dafür haben die Forscher_innen zunächst einmal noch mehr Fremdkörper in die Nordsee gekippt. Im Frühjahr 2018 hat das Team 1.600 Holztäfelchen in die Nordsee geworfen und diese von der Strömung davon tragen lassen. Die Holztäfelchen schwimmen, ähnlich wie Plastikmüll an der Meeresoberfläche und bieten so eine Möglichkeit, die Umweltverschmutzung zu simulieren.

*Windige Umstände*
Mit 2018 haben die Forscher_innen ein besonders anspruchsvolles Jahr erwischt. In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Nordsee nur vier Mal noch stärker verändert als im letzten Jahr. Das zeigte sich vor allem an der Richtung der Strömung. Normalerweise gibt es in der Nordsee eine starke Strömung gegen den Uhrzeigersinn, letztes Jahr aber strömte sie genau umgekehrt. Diese krasse Veränderung führen die Forscher_innen auf den andauernden Ostwind im letzten Jahr zurück. Auch wenn die Forscher_innen beim Aussetzen der Holztäfelchen frieren mussten, waren die extremen Windverhältnisse ein Glück, denn: „Bisher ist nur wenig bekannt darüber, wie extreme Windverhältnisse dieses Strömungsmuster ändern können“, so Stanev.

Das Team konnte sich jedoch über erste Erfolge in diesem Forschungsfeld und über richtige Voraussagen bezüglich der veränderten Strömung freuen. Mithilfe von Windstärke, Windrichtung und Wellenbewegung konnten die Forscher_innen präzise vorhersagen, wo die Plättchen anlanden würden. Bestätigt wurden die Ergebnisse von Anwohner_innen, Meeresbegeisterten und zufälligen Finder_innen, die die nummerierten Holzplättchen einsammelten und den genauen Fundort auf der Website macroplastics.de registrierten. Ohne die Hilfe der Laienforscher_innen wäre es nur schwer möglich gewesen, das Projekt umzusetzen.

Laut Marcel Ricker, einem am Projekt beteiligten Meeresforscher sind die Veränderungen der Meeresströmungen aber nicht nur für die Verteilung von Plastikmüll relevant, sondern können auch Einflüsse auf biologische und chemische Prozesse im flachen Küstenmeer haben.

Quelle:

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Autorin / Autor: Karla Groth/ Pressemitteilung - Stand: 4. April 2019