Freunde lassen Feinde schrumpfen
Studie: Verstärkung sorgt für Muskelschwund beim Gegner
Wenn wir einem Feind begegnen, müssen wir blitzschnell entscheiden, ob wir lieber die Flucht ergreifen, ihn angreifen oder versuchen zu verhandeln. Weil das aber in der Kürze der Zeit eine schwierige Entscheidung ist, machen wir uns in Sekundenbruchteilen erstmal ein Bild vom groben Äußeren des Feindes. Ist er groß und stark und muskulös? Oder hat er eigentlich keine Chance gegen unsere eigene Großartigkeit?
Glücklicherweise kommen wir nicht allzu oft in solche Situationen, aber die ForscherInnen um Daniel Fessler und Colin Holbrook von der University of California waren doch sehr fasziniert von der Frage, wie es sich genau mit der Wahrnehmung potenzieller Feinde verhält. Ihre Hypothese: In Begleitung anderer nehmen Männer einen möglichen Feind als weniger muskulös und auch als kleiner war. Sind sie alleine, ist die Bedrohung offenbar größer, der vermeintliche Gegner erscheint ihnen darum kräftiger und auch größer. Klingt wahrscheinlich. Nur, wie will man das herausfinden?
Die ForscherInnen machten dazu ein Experiment in freier "Wildbahn", nämlich auf einer Strandpromenade in Santa Monica in Kalifornien. Dort sprachen sie männliche Passanten an, die alleine oder in rein männlichen Gruppen unterwegs waren. Wer bereit war, gegen ein geringes Entgelt bei der Studie mitzumachen, bekam ein bedrohliches Bild zu sehen. Darauf war ein Mann zu sehen, der den ForscherInnen zufolge für den durchschnittlichen Amerikaner der Inbegriff des Feindes ist: ein Mann mit Bart und Turban vor arabischen Schriftzeichen, bewaffnet mit einer Pistole und einem hasserfüllten Gesichtsausdruck. Den Testpersonen wurde außerdem mitgeteilt, dass es sich bei dem Bild um einen gesuchten Terroristen handle. Dann sollten die Probanden auf einer Skala mit männlichen Körperumrissen entscheiden, welchem Bild der angebliche Terrorist am ehesten entsprach. Außerdem sollten sie die Körpergröße schätzen und auf einer weiteren Abbildung entscheiden, wie muskulös der "Feind" ist.
Heraus kam, dass Testpersonen, die alleine unterwegs gewesen waren, den vermeintlichen Gegner deutlich größer einschätzten und für muskulöser hielten als Männer, die in Gruppen unterwegs gewesen waren. Offenbar neigt der Mensch dazu, eine mögliche Bedrohung in ein Bild von Größe und Körperkraft zu übersetzen. Wer sich von Mitstreitern unterstützt fühlt, muss weniger um Leib und Leben fürchten und nimmt Feinde darum auch als schwächer wahr.
Aus früheren Studien weiß man bereits, dass Gegner mit einer Waffe einem größer und stärker erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind.
Die ForscherInnen glauben, dass es diese Effekte nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen gibt, allerdings sei der Effekt bei Männern wegen ihrer naturgegebenen Aggressivität wahrcheinlich größer.
Helfen uns diese Erkenntnisse nun irgendwie weiter? Kein Stück! Dafür liefern sie ein (un)schönes Beispiel, wie auch die Forschung ihren Teil dazu beiträgt, vorsintflutliche Klischees mit dem Wissenschaftsmäntelchen zu zementieren: Männer sind aggressiver und ständig nur auf der Hut vor bösen Feinden (wenn sie nicht gerade auf der Jagd nach willigen Weiblein sind). Männer brauchen das Rudel, um sich stark zu fühlen. Der Feind trägt Bart und einen Turban. Und die Welt ist eine Scheibe.
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Autorin / Autor: Redaktion ; Bild - Stand: 4. April 2013