Die Freundin am Arbeitsplatz

Studie der Uni Hohenheim: Freundschaft am Arbeitsplatz hat positive Effekte. Sie kann aber auch zu unhöflichem und abwertendem Verhalten gegenüber Kolleg:innen führen.

Eigentlich stellt man sich es sich so schön vor: Mit den Menschen zusammenzuarbeiten, mit denen man sich am besten versteht. Aber Freundschaften am Arbeitsplatz haben nicht nur positive Auswirkungen. Zu diesem Schluss kommen zwei Studien der Universität Hohenheim in Stuttgart. Der Grund: Die Erwartungen an Freund:innen und Kolleg:innen können widersprüchlich sein. Während Kolleg:innen unparteilich sein sollten, wünscht man sich von Freund:innen Zuneigung und Bevorzugung. Der Konflikt aus diesen widersprüchlichen Erwartungen kann zu Problemen mit der sogenannten Selbstregulation führen, die sich dann in unhöflichem oder abwertendem Verhalten gegenüber Kolleg:innen äußert. Dennoch denken die Forschenden, dass die positiven Effekte von Freundschaften am Arbeitsplatz überwiegen.

Das Team um Prof. Dr. Fasbender befragte in zwei umfassenden Studien jeweils über 400 Berufstätige in Großbritannien. Ihre Erkenntnis: „Freundschaften am Arbeitsplatz können auch dazu führen, dass sich die Personen anderen gegenüber eher unsensibel, unhöflich und unfreundlich verhalten“, so Fasbender. Dies sei aber kein bewusstes Verhalten, sondern eher ein Symptom dafür, dass die Ressourcen zur Selbstregulation erschöpft sind und die Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, dass ihre Energie zur Neige geht.

Freundschaften können zu Rollenkonflikten führen

Dies passiere vor allem dann, wenn die Menschen Schwierigkeiten haben, die verschiedenen und teilweise widersprüchlichen Anforderungen der beiden Rollen „Freund:in“ und „Mitarbeiter:in“ miteinander in Einklang zu bringen. Würden zum Beispiel Kolleg:innen einen Arbeitsbericht fertigstellen müssen und hätten deswegen wenig Zeit, könnten sie möglicherweise nicht angemessen auf die Kontakt-Bedürfnisse einer befreundeten Person am Arbeitsplatz reagieren, erklärt Prof. Dr. Fasbender. So würden sie in einem Rollenkonflikt stecken, weil sie entscheiden müssten, welcher Rolle sie den Vorrang geben sollen.

Diese konkurrierenden Anforderungen ständig miteinander in Einklang bringen zu müssen, führe zu großer Erschöpfung, die sich oftmals in Konzentrationsschwierigkeiten äußert. Aber nicht nur das: Die Mitarbeitenden haben möglicherweise auch Schwierigkeiten, unhöfliches und unfreundliches Verhalten am Arbeitsplatz zu unterdrücken. „Sie sind nicht mehr in der Lage, die Perspektive ihrer Kolleg:innen einzunehmen, oder sie denken nicht allzu sehr über die Folgen ihres Verhaltens nach“, erklärt die Expertin. „Dabei richtet sich das unhöfliche Verhalten eher gegen andere Kolleg:innen als gegen die befreundeten Personen am Arbeitsplatz.“ Die Unfreundlichkeit richtet aber nicht nur menschlichen Schaden an, sie kann auch schwerwiegende nachteilige Folgen für Organisationen haben. Darunter fallen zum Beispiel geringere innovative und kreative Leistungen oder höhere Fehlzeiten und Fluktuation, so die Forscher:innen.

Freundschaftspflege in die Mittagspause verlegen

„Auch wenn Freundschaften am Arbeitsplatz zahlreiche Vorteile haben und das Arbeitsleben auf eine wichtige Art und Weise bereichern können, sollten sich Mitarbeitende darüber im Klaren sein, dass diese auch mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden sind“, so Prof. Dr. Fasbender. „Oft genügt allein dieses Wissen schon.“

Hilfreich sei es außerdem, wenn sich Mitarbeitende mögliche Strategien überlegen, wie sie ihre sozialen Beziehungen effektiver gestalten. „Es kann sinnvoller sein, bestimmte Zeiten wie Mittags- oder Kaffeepausen einzuplanen, als während des Arbeitstages mit häufigen Unterbrechungen durch Freund:innen am Arbeitsplatz zurechtzukommen“, rät die Expertin. „Zudem sollte ein beiderseitiges Bewusstsein dafür geschaffen werden, sich bei der Arbeit möglichst objektiv zu behandeln. Dazu gehört es beispielsweise, sich in Meetings konstruktiv kritisieren zu können, ohne dass dies als Kritik an der Freundschaft verstanden wird.“

Aber auch Unternehmen können einiges dazu beitragen, dass Freundschaften am Arbeitsplatz positiv erlebt werden. „Oft genügt es, das Bewusstsein für die mögliche Problematik zu fördern“, so Prof. Dr. Fasbender. „Dies kann beispielsweise durch kleine Artikel im Newsletter oder im Intranet geschehen. Auch Führungskräfte sollten sich in ihrer Ausbildung mit dem Thema auseinandersetzen.“

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 7. August 2023