Gefühlsanalphabeten?

Sorgt zu viel Mediennutzung für kindliche Unfähigkeit, in Gesichtern zu lesen?

Bild: lizzyNet

Kinder, die ständig auf den Bildschirm starren und die Gefühle ihrer Mitmenschen ausschließlich von Emoticons herleiten, verlieren möglicherweise die Fähigkeit, Gesichtsausdrücke, Gesten und Körperhaltungen zu deuten und die Gefühle anderer Menschen zu verstehen. Das meint zumindest die Psychologie-Professorin Patricia Greenfield von der University of California, die kritisiert, dass viele nur die Vorteile mediengestützer Bildung schauen, ohne auf den Preis zu achten, den sie dafür bezahlen müssten. Der Ersatz von menschlicher Interaktion durch Bildschirme könne nämlich zum Verlust sozialer Kompetenzen führen.

In einem Versuch mit zwei Gruppen von SchülerInnen der sechsten Stufe konnten Greenfield und ihr Team zeigen, wie schnell das Gesichterlesen aber auch wieder zurückgewonnen werden kann.
Eine Gruppe von rund 50 SchülerInnen besuchte zum Untersuchungszeitpunkt ein Naturcamp, in dem es ein absolutes Verbot für Smartphones & Co. gab, eine zweite Gruppe von 50 SchülerInnen der gleichen Schule, die erst später zu dem Camp reisen würde, nahm ebenfalls teil.
Einmal vor und einmal zum Ende des Camps wurden die TeilnehmerInnen auf ihre Fähigkeit getestet, die Gefühle von anderen zu erkennen: auf Fotos mit wütenden, traurigen, ängstlichen oder glücklichen Geischtern oder in eigens dafür produzierten Filmchen, in denen SchauspielerInnen verschiedene emotionale Situationen durchspielten.

Bei der Auswertung zeigte sich, dass die Camp-Kinder sich durch die fünf Tage Medienfreiheit im Erkennen von menschlichen Emotionen deutlich verbessert hatten. Im Vergleich zu denen, die sich weiterhin im regulären Schulalltag täglich mit elektronischen Medien die Zeit vertrieben, konnten sie im Test am Ende des Camps gezeigte Emotionen wesentlich besser einordnen als zu Beginn des Camps. Die andere Gruppe zeigte hingegen kaum eine Verbesserung zwischen dem ersten und dem zweiten Test.

Die Hauptautorin der Studie, Yalda Uhls, erklärte, nonverbale emotionale Zeichen könne man nicht in der gleichen Weise von Bildschirmen lernen wie von direkter Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Wer diese Kommunkationsform nicht praktiziere, der verlöre seine sozialen "Skills".

Die ForscherInnen folgern, dass wir als soziale Wesen dringend auch mal eine bildschirmfreie Zeit brauchen. Mit Menschen, mit denen wir reden, lachen, streiten und deren Gefühle wir nachvollziehen oder es zumindest versuchen. Es ist vermutlich kein schlechter Rat, denn auch wenn die Digitalisierung voranschreitet, noch laufen keine Avatare durch die Gegend, sondern Menschen, die zu verstehen sehr hilfreich sein kann.

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Autorin / Autor: Redaktion / - Stand: 26. August 2014