Girl with a knife
Autorin: Nicolette Bohn
Celine ist 16 Jahre alt und hat gerade ihren Realschulabschluss gemacht. Doch statt mit ihren Freundinnen zu feiern, macht sie sich Sorgen um ihre Zukunft: Ihr Abschluss war so gut, dass sie aufs Gymnasium gehen wird, um ihr Abitur zu machen und vielleicht irgendwann zu studieren. Was zunächst nach einer tollen Chance klingt, bedeutet für Celine vor allem Druck und hohe Erwartungen. Als das Schuljahr beginnt, ist Celine super motiviert, aber auch gestresst. Umso mehr freut sie sich, als sie Anschluss findet und in die Clique rund um Fiete und Saskia aufgenommen wird. Damit gehört sie zu den coolen Leuten auf dem Schulhof. Und nicht nur das: Durch ihre neuen Freunde entdeckt Celine Elektro-Musik für sich und auch ihr erstes Rave besucht sie. Sowas hätte die alte Celine zwar niemals gemacht, aber was soll’s? Veränderung ist schließlich nicht unbedingt etwas Schlechtes. Darüber hinaus macht sie durch Fiete auch Bekanntschaft mit den kleinen blauen Pillen, die die anderen zum Tanzen nehmen, und die auch beim Lernen helfen. Endlich ist Celine sich sicher, dass sie einen Weg gefunden hat, um alles zu haben: gute Noten, Freundschaften und Freizeit! Doch welchen Preis wird sie dafür zahlen?
Ich hatte keine besonderen Erwartungen an „Girl with a knife“, da die Geschichte recht vorhersehbar klang. Doch ich bin der Meinung, dass eine Geschichte nicht besonders überraschend oder unvorhersehbar sein muss, um zu unterhalten oder Emotionen zu wecken. Leider hat mich „Girl with a knife“ trotz meiner geringen Erwartungen wirklich enttäuscht. Die Protagonistin ist 16 Jahre alt, doch ihre Gespräche und Gedanken klingen eher, als wäre sie 10 oder 11 Jahre alt. Wie sie über ihre beste Freundin spricht, aber auch ihre Verliebtheit, ihre unglaubliche Manipulierbarkeit und Naivität machen die Erzählung extrem unglaubwürdig und überhaupt nicht nachvollziehbar. Auch die Entwicklung der Handlung ist plump und dann am Ende sehr abrupt, sodass nicht wirklich ein Spannungsbogen entsteht. Einzig gut gefallen hat mir die kombinierte Erzählweise, bei der sich Ausschnitte aus dem Gespräch zwischen Celine und ihrem Anwalt mit Rückblenden der Ereignisse abwechseln. Leider konnte das das Buch für mich nicht retten.
Am Ende bleibt für mich die Frage, warum man sich als Autorin entscheidet, über eine Lebensrealität zu schreiben, die einem selbst so fern liegt. Jugendliteratur mag ein spannendes Thema sein, doch es gibt mehr als genug Romane mit Charakteren anderer Altersklassen, die beweisen, dass auch hier spannende Geschichten zu erzählen sind. Auch das Thema Drogenkonsum oder Sucherkrankungen habe ich an anderer Stelle deutlich besser umgesetzt gesehen, zum Beispiel in „You’d be home now“ von Kathleen Glasgow.
Alles in allem kann ich „Girl with a knife“ leider gar nicht weiter empfehlen – höchstens als Beweis dafür, wie groß die Unterschiede zwischen der Lebensrealität junger Menschen und der Vorstellung Erwachsener darüber sind.
Erschienen bei Thienemann
Autorin / Autor: lacrima - Stand: 25. November 2024