Im Krisenmodus?

Trendstudie "Jugend in Deutschland - Sommer 2022" sieht strapazierte psychische Gesundheit bei Jugendlichen

Negative Nachrichten gab es in diesem Jahr zuhauf. Das ständige Auf und Ab der Coronakrise mit all ihren Einschränkungen. Der fortschreitende Klimawandel und seine verheerenden Folgen. Die Invasion Russlands in die Ukraine und die darüber schwebende Bedrohung eines Weltkriegs. Jugendliche leiden stark unter dieser Gemengelage, wie eine repräsentative Befragung von 14- bis 29-Jährigen der beiden Jugendforscher Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann aufzeigt.

„Die dichte Aufeinanderfolge von tief in das Leben eingreifenden Krisen setzt der Jugend zu. Nach zwei Jahren Einschränkungen ihres privaten und schulisch-beruflichen Alltags durch die Pandemie sind viele von ihnen psychisch angespannt. Die Bedrohung durch einen Krieg in Europa drückt als eine weitere schwere emotionale Last auf ihre Stimmung. Viele machen sich große Sorgen um ihre berufliche, finanzielle und wirtschaftliche Zukunft“, so Klaus Hurrelmann.

Zwar sei die Grundstimmung der Jugendlichen erstaunlich positiv, die meisten erwarten für sich persönlich trotz der belastenden Situation eine gute Zukunft. Es sei aber dennoch eine innere Unruhe erkennbar, unter der Oberfläche offenbare sich ein beträchtliches Ausmaß an Verunsicherung.

Der Krieg in Europa ist der Studie zufolge mit 68% Sorge Nr. 1, weil er die Zukunftsaussichten infrage gestellt und das Sicherheitsgefühl zerstört. 46% fürchten, der Krieg könne sich auf ganz Europa ausweiten. Auch der Klimawandel steht mit 55% weit oben auf der Sorgenliste, gefolgt von Inflation (46%) und einer Spaltung der Gesellschaft (40%).

Die Corona-Pandemie lastet ebenfalls weiter auf Jugendlichen. Insgesamt gehört die Generation eher zu den Befürworter_innen von Maßnahmen gegen die Pandemie. Nach eigenen Angaben sind die Befragten zu 84 % vollständig geimpft und mehrheitlich der Ansicht, dass Lockerungen nur mit Augenmaß umgesetzt werden sollten. Aber bei aller Rücksichtnahme und Vorsicht leiden sie auch unter den Einschränkungen. Sie haben das Gefühl, ihr Leben nicht kontrollieren zu können und Sorgen, dass sich die Beziehung zu Freund_innen verschlechtern können.

Die Corona-Pandemie scheint auch eine sinkende Begeisterung für Home-Office Tätigkeiten nach sich zu ziehen. Jugendliche in der Befragung bevorzugten offenbar deutlich, am Arbeitsplatz tätig zu sein. Eine erhebliche Veränderung beobachten die Jugendforscher außerdem bei der Einstellung zur Leistungsmotivation: Geld (57%) ist als Leistungsmotivator plötzlich wieder wichtiger als Spaß (45%). Die Gründe dafür sehen die Studienautoren in den krisenbedingten wirtschaftlichen Zukunftssorgen.

Den Forschern zufolge haben schon die letzten Trendstudien eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit Jugendlicher aufgezeigt, die sich durch diesen Krisensommer logischerweise nicht verbessert hat.
Die drei am häufigsten berichteten Belastungen sind Stress (45%), Antriebslosigkeit (35%) und Erschöpfung (32%). Erschreckende 27% berichten eine Depression, 13% Hilflosigkeit und 7% Suizidgedanken. Viele wünschen sich mehr professionelle Unterstützung und Hilfe zur Stressbewältigung, auch direkt im schulischen Raum.

Inhaltlich und methodisch werden die Studien von dem Jugendforscher Simon Schnetzer geleitet und in Kooperation mit Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Hurrelmann (Hertie School Berlin) als wissenschaftlicher Berater und Co-Autor veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressematerial - Stand: 5. Mai 2022