Im Zweifel ein Mann

Studie: Falsche Geschlechtswahrnehmung als Selbstschutz?

Sehen wir die Silhouette eines Menschen vor uns und wissen nicht genau, ob es ein Mann oder eine Frau ist, dann halten wir die Person offenbar eher für einen Mann. Das haben zumindest WissenschaftlerInnen der University of California herausgefunden, die Freiwilligen menschliche Silhouetten vorlegten und einordnen ließen. Die Figuren hatten alle die gleiche Größe aber ein unterschiedliches Hüft-Taille-Verhältnis. Unter den Bildern waren von übertrieben weiblich gezeichneten Sanduhrenfiguren (schmale Taille, breite Hüfte) bis zum männlichen Supberbody (breite Schultern, schmale Hüfte) alles dabei. Tatsächlich hielten die Testpersonen die Figuren häufiger für einen Mann, auch wenn sie deutlich weibliche Figurmerkmale aufwiesen. Als Frau wurden die Figuren nur gedeutet, wenn sie die besagte Sanduhrfiguren aufwiesen, die teilweise so extrem waren, dass sie in der Natur so gar nicht vorkommen.

Wie aber kommt es zu dieser verzerrten Wahrnehmung? Sind wir zu blöd, Männlein von Weiblein zu unterscheiden? Die ForscherInnen um Kerri Johnson meinen, dass dahinter ein uralter Überlebenstrick steckt. Weil Männer körperlich stärker sind und von ihnen auch häufiger Aggressionen ausgehen, würden sie eher als Bedrohung wahrgenommen. Darum sei es sinnvoll, eine undefinierbare Person im Zweifelsfall für einen Mann zu halten und vorsichtshalber Reißaus zu nehmen.

Diese Annahme überprüften sie in weiteren Versuchen, in denen die Testpersonen vor der Bewertung der Silhouetten mit Hilfe von Videos in verschiedene Stimmungen versetzt wurden. Eines der Videos, ein Horrorfilm, sollte sie dabei in eine furchtsame Stimmung versetzen. Wie die ForscherInnen vermutet hatten, beurteilten die Testpersonen aus der Horrorgruppe die Silhouetten sogar noch häufiger als Männer als die Testpersonen, die traurige oder neutrale Filme gesehen hatten.

Ob der vermutete Selbstschutzeffekt nun wirklich ein alter Instinkt ist, der uns vorm bösen Schattenmann retten soll oder nicht vielmehr ein Zeichen unseres Barbiepuppen-Zeitalters, bleibt allerdings unklar. Der Effekt könnte nämlich durchaus auch daher rühren, dass wir aufgrund all der photoshop-manipulierten Frauenbilder gar nicht mehr wirklich wissen, wie normale Frauen in der Realität aussehen - außer, wenn wir in den Spiegel gucken, aber der ist ja bekanntlich kaputt ;-).

Die Ergebnisse der Studie erscheinen im britischen Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society B".


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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 17. Oktober 2012