Wenn Anderssein normal ist
Julika hat für Klima&Klamotten mit dem Gründer von WASNI gesprochen, es ist das erste Inklusionsunternehmen, das in Deutschland ökologische Kleidung herstellt
Es gibt sie schon, die kleineren nachhaltigen Labels, nach denen ich zumindest immer suche, um nicht Fast Fashion zu unterstützen. Ein Beispiel ist hier das Unternehmen Wasni aus dem Stuttgarter Raum, das sowohl mit zertifizierter Wolle arbeitet, als auch den Titel Inklusionsunternehmen trägt. Was das ist und noch mehr, habe ich den Gründer Daniel Kowalewski im Interview gefragt…
Hallo und danke für die Gesprächsmöglichkeit! Euer Motto ist, "wenn Anderssein normal ist“. Wieso habt ihr euch für diesen "Leitsatz“ entschieden?
Wasni: Der Ursprungsgedanke war, dass wir ein Inklusionsunternehmen sind. Bei uns arbeiten Menschen mit und ohne Schwerbehinderung gemeinsam zu gleichen Teilen. Und ich hatte mich einfach mal intensiv darüber informiert - was ist das eigentlich? Was sind schon Definitionen? Dann kam hinzu, dass wir eh auf der Suche nach unserem Markennamen waren, ich hatte die ersten Buchstaben des Mottos aneinandergesetzt und geguckt, ob der Firmenname WASNI im Internet noch frei war. Das war im Nachhinein ein totaler Glücksgriff, weil das für so viele Dinge passte. Also z.B, dass wir sagen, bei uns kann jeder Kunde, jede Kundin ohne Aufpreis inviduelle Maße bekommen. Wenn jemand sagt, "Ich bin ein bisschen kräftiger“ machen wirs breiter. Wenn jemand kleinwüchsig ist, machen wir es kürzer. Weil wir sagen, dass Anderssein normal ist. Das ist unsere Mission: Zu zeigen, dass es möglich ist, ein gutes Unternehmen und gleichzeitig damit erfolgreich zu sein. Aber es gibt für mich noch viel mehr Beispiele, bspw. im Team. Also macht es der Chef alleine, oder finden wir einen Weg, dass alle an Entscheidungen beteiligt sind? Wie transparent sind wir? Wir wollen gerne sagen: Es gibt keine Geheimnisse. Aber ja, wir mögen unseren Namen.
Warst du schon vorher in einer ähnlichen Branche ?
Wasni: Nö. Ich hatte 13 Jahre lang in der Industrie gearbeitet, bei klassischen "kapitalistischen" Unternehmen. Da gab es keinen gemeinwohlorientierten Ansatz, und das war meine erste Motivation, dass es Hoodies geworden sind. Es ist totaler Zufall. Es hätten auch Chips sein können, da hätte ich wahrscheinlich sogar mehr Bezug zu gehabt (lacht).
Was ändert sich denn dadurch, dass ihr ein Inklusionsunternehmen seid?
Wasni: Ich würde sagen, bei uns im tagtäglichen Arbeiten spielt das keine Rolle. Ich bin mir nicht sicher, ob jeder bei uns weiß, wer hier eigentlich behindert ist. (Lacht) Mal andersherum gesagt, es gibt bei uns niemanden, der nicht behindert ist. Und das gilt auch für dich und für alle Menschen in Deutschland. Jeder hat mal seinen schlechten Tag. Gute Tage, depressive Phasen. Wasni soll ein sicherer Hafen für jeden sein, der bei uns arbeitet. Und das gilt für die Menschen mit Behinderung, genauso wie für die ohne Behinderung. Jeder darf hier so sein, wie er will. Man kann einen schlechten Tag haben, man kann laut lachen. Das ist für mich nicht ein Thema ausschließlich für Menschen mit Behinderung.
Euch ist aber auch das Thema faire Klamotten und Biobaumwolle wichtig? War das von vorneherein klar?
Wasni: Ja, das war für mich überhaupt keine Frage. Völlig klar war, dass wenn wir ein Sozialunternehmen sind, wir dann auch ökologisch sein wollen. Was ich am meisten bei der ganzen Gründung unterschätzt habe, ist das Thema Stoffeinkauf. Wir hatten am Anfang Probleme damit, dass Stoffe stark einliefen. Das hat damit zu tun, dass wir auf die Zertifizierung GOTS achten. Da sind auch bestimmte chemische Zusatzstoffe nicht erlaubt, die zum Beispiel das Einlaufen einschränken. Aber wir haben am Anfang Stoffe bekommen, die sind mega eingelaufen. Es gab eine Zeit, da habe ich bestimmt ein Jahr lang jeden Abend Stoff mit nach Hause genommen, gewaschen, wieder im Laden ausgelegt. Katastrophe - hat keinen Spaß gemacht. Jetzt haben wir gewechselt nach Portugal und seitdem haben wir so gut wie keine Probleme.
Was ist denn euer meistverkauftes Kleidungsstück?
Wasni: Es gibt Meterware mit Kapuze und Schalkragen. Das ist das meistverkaufte. Und dann kommt die klassische Kapuzenjacke.
Die habe ich auch ;) Daher kam die Idee ein Interview zu machen… Wo wir beim Thema Hoodie sind- wie lange dauert die Produktion? Und näht ihr alles selbst?
Wasni: Ja, wir nähen alles selbst. Also, wenn wir jetzt sagen, du bestellst bei uns und wir würden immer sofort anfangen, dann dauert das zwischen einer Stunde und eineinhalb Stunden. Das kommt darauf an, ist es mit Reißverschluss? Hast du die Taschen mitbestellt? Wir versuchen immer, möglichst lange in einer Farbe zu arbeiten, also für den Zuschnitt und dann auch beim Nähen. Und daher sagen wir immer, unser Ziel ist, dass wenn du bei uns bestellst, du spätestens in drei Wochen den Pulli hast.
Euer Shop ist sowohl vor Ort als auch online. Dort habt ihr ja auch einen Online Konfigurator, der von Crowdfunding finanziert wurde. Wird seitdem wirklich nur online oder auch vor Ort gekauft?
Das meiste (80%) wird online bestellt. Unser Laden ist ziemlich stabil. Aber es gibt viele Menschen, die kommen halt nur einmal zum Anprobieren und dann bestellen sie auch online. Und das Einzugsgebiet des Ladens ist halt klein, aber online kommen von überall die Bestellungen. Im letzten Jahr sind wir sehr stark gewachsen, weil es eine Fernsehdoku über uns gab. Corona war natürlich auch noch mal ein Punkt, da hatten wir einen Laden geschlossen.
Was ist euer Ziel so für die nächsten Jahre?
Wasni: Wir sind jetzt gerade umgezogen an einen deutlich größeren Ort. Wir haben jetzt dreimal so viel Platz. Das Ziel für dieses Jahr ist es, dann erst mal nicht zu wachsen. Ich weiß, dass das ungewöhnlich ist. Aber alle wollen eigentlich gern mal durchatmen. Es sind viele neue Leute bei uns dazugekommen. Wir hatten lange Lieferzeiten, wir hatten so viele Aufträge. Mir geht es eher darum, Wirkung nach außen zu erzielen. Mir ist wichtiger zu sagen "Hey Leute, guckt euch das mal an, das geht, probiert es doch einfach mal aus.“ Sowohl auf Inklusion zu achten als auch den ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten. Andere inspirieren, Vorbild sein.
Ich hatte sogar gelesen, dass ihr das erste Inklusionsunternehmen seid, das Kleidung herstellt. Ist das noch aktuell?
Wasni: Das ist aktuell. Denn üblicherweise sind die meisten Inklusionsunternehmen im Dienstleistungsbereich aktiv. Also Reinigung, Garten, Landschaftsbau, Cafes etc.
Ihr habt jetzt aktuell 14 Mitarbeiter:innen. Was ist denn die Voraussetzung, um bei euch mitarbeiten zu können?
Wasni: Das kommt darauf an... wenn wir gerade jemanden brauchen, der Reißverschlüsse einnähen kann, dann würden wir auch wirklich danach suchen. In der Regel ist es dann niemand, der privat genäht hat. Aber bei uns arbeiten auch Leute ohne Ausbildung. Weil ich jemand kannte, der jemand kannte, hat sich dann irgendjemand mal gemeldet und das passte gerade gut. Gebärdensprache zu lernen, ist eine Voraussetzung bei uns. Die Bereitschaft muss da sein, denn wir haben eine gehörlose Mitarbeiterin. Jede neue Person im Team verändert das Team in irgendeiner Form.
Was würdest du Menschen mitgeben, die vielleicht auch eine Idee für ein Unternehmen haben, denen aber noch so ein bisschen der Anstoß fehlt?
Ich bin eher zurückhaltend, was solche Ratschläge angeht. Überlegt euch das gut, würde ich wahrscheinlich sagen (lacht). Ich glaube, man muss sich schon überlegen, auf was man sich da einlässt. Der wirtschaftliche Druck am Anfang ist einfach hoch. Neun von zehn Unternehmen überleben das nicht. Man sollte sich bewusst machen, dass man auch scheitern kann, was auch völlig okay ist. Aber man sollte vielleicht kein zu großes Sicherheitsbedürfnis haben. Es gibt viele Anlaufstellen für Tipps bei Start Ups. Was auch wichtig ist für uns, dass man versucht, nicht alles vorher durchzuplanen- es kommt sowieso anders (schmunzelt).
Das ist ein ganz gutes Abschlusswort. Danke für das Interview!
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Autorin / Autor: Julika - Stand: 9. Juni 2023