ItsColeslaw: Wie ich aufhörte, perfekt sein zu wollen

Autorin: Lisa Sophie

Buchcover

Wer hat Ähnliches nicht auch selbst erlebt: bei der neuen Leopardenhose, die dir so gut gefallen hatte zogen sich die Augenbrauen deiner Mitschüler zusammen oder der Hindernisslauf im Sportunterricht ließ dich wie ein „schwangeres Mammut“ aussehen.
Fast jeder von uns ist schon einmal in eine mehr oder weniger peinliche Situation geraten, ob es sich dabei um einen scheinbar fatalen Mode“fehler“, eine missglückte Kommunikation oder ein unerwartetes Zusammentreffen mit dem Fußboden handelt ist macht hierbei keinen Unterschied. Manche Menschen scheinen frei von Peinlichkeiten und Fehlern zu sein, andere hingegen treten scheinbar von einem Fettnäpfchen in das nächste.

Lisa Sophies Buch „Wie ich aufhörte, perfekt sein zu wollen – Ein Leitfaden zum Umgang mit peinlichen Situationen aller Art“ ist im Fischer Verlag erschienen und erzählt von ihren persönlichen peinlichen Erlebnissen und gibt viele hilfreiche Tipps, die dass Erwachsenwerden erleichtern und eine Krise à la Peter Pan, der partout nicht erwachsen werden wollte, vermeiden können. Wenn auch natürlich Peter Pan seine ganz eigenen Gründe hatte, warum er nicht erwachsen werden wollte, ist der Grund doch irrelevant für das Resultat: man wünscht sich nie erwachsen zu werden, weil man nur als Kind noch als „süß“ betitelt wird, wenn z.B. eine große Eiskugel auf Mamas Bluse landet.
Lisa Sophie ist eine deutsche YouTuberin, die bereits seit sieben Jahren Videos für ihren YouTube-Kanal „Itscoleslaw“ dreht, in denen sie unter anderem peinliche und lustige Geschichten aus ihrem bisherigen Leben und ihrem momentanen Alltag erzählt. Sie studiert Politikwissenschaften und Psychologie und arbeitet nebenbei als Journalistin und Moderatorin.
„Wie ich aufhörte, perfekt sein zu wollen“ ist Lisa Sophies erstes Buch und hoffentlich nicht ihr letztes.

Mehr als positiv überrascht war ich von dem Buch, der sich besonders an jene von uns richtet, die die Gewissheit verspüren möchten, dass sie mit ihren peinlichen Fehltritten, ihren Sorgen und Ängsten während des Erwachsenwerdens nicht allein sind.
Ihr Buch ist in verschiedene Rubriken unterteilt, die chronologisch geordnet sind und einen guten Überblick geben und authentisch durch verschiedene Stationen ihres Lebens führen.
Das Design des Buches ist sehr ansprechend, es ist für ein Jugendbuch, das wahrscheinlich besonders die Zielgruppe 12+ erreichen soll, recht schlicht gehalten und dennoch keineswegs langweilig. Der Schreibstil des Buches vermittelt dem Leser das Gefühl, dass er selbst bei den unterschiedlichen Geschehnissen dabei gewesen ist, man kann sich also gut mit Lisa identifizieren und lernt entweder aus ihren Fehltritten (das Wort Fehltritt soll an dieser Stelle nicht negativ konnotiert sein, da ein Fehltritt nur heißen kann, dass man etwas neues dazugelernt hat) oder erkennt sich selbst in den Situationen wieder.
Ihr Schreibstil unterscheidet sich kaum von ihrem gesprochenen Wort, was in diesem Fall allerdings nicht negativ angemerkt werden kann, da genau dieser persönliche Stil es vermag, den Leser an die Hand zu nehmen und sich die Geschichten persönlich von Lisa erzählen zu lassen. Auf diese Art und Weise befinden sich Leser und Autor auf einer Augenhöhe, daraus resultiert ein erleichterter Umgang mit peinlichen Situationen aller Art und eine Stärkung der Gewissheit, dass am Ende immer alles gut wird, auch wenn man zu den Menschen gehört, die nie ein Fettnäpfchen auslassen.

Ich muss zugeben, dass ich bisher nie ein großer Fan von Büchern war, die nicht von leidenschaftlichen, grüblerischen, isolierten und mysteriösen Autoren verfasst wurden (bitte den vorangegangenen Satz mit einem Augenzwinkern lesen).
Aus diesem Grund habe ich es bisher meist abgelehnt Bücher zu lesen, die von Schauspielern, Sängern oder YouTubern geschrieben worden sind. Ich warf ihnen vor, nur das Ziel zu verfolgen den vor allem jungen Fans das Geld aus den Taschen ziehen zu wollen statt die Intention verfolgt zu haben, ein gutes und originelles Buch zu verfassen.
Ich muss zugeben, dass Lisa Sophie es geschafft hat, mich vom Gegenteil zu überzeugen.
Ihr Buch ist frisch, ehrlich, humorvoll und lässt sich in einem Rutsch lesen. Obwohl ich älter als die eigentliche Zielgruppe des Romans bin, hat mich das Buch sehr gut unterhalten. Ich denke, dass es besonders den jüngeren Lesern helfen wird über die nächste peinliche Situation hinwegzusehen und auch mit ernsten Situationen besser umgehen zu können, da Lisa in ihrem Roman nicht nur von unterhaltsame Alltagspeinlichkeiten erzählt, sondern auch ernste Themen wie Mobbing und Pannikattacken anspricht. Dabei gibt sie immer Ratschläge und weist am Ende auch auf Websites oder Telefonnummern hin, die weiterhelfen, wenn man selbst mit Mobbing zu kämpfen hat oder jemanden zum Reden benötigt.

Trotz der womöglich aufkommenden Vorurteile gegenüber Büchern, die von „Internetstars“ verfasst wurden, die tatsächlich auch noch Geld mit ihren Videos verdienen, kostenlos Produkte zugeschickt bekommen und zu Bloggerevents eingeladen werden, muss man Lisa Sophies Roman klar von den vielen anderen teils schlechten Ratgeberbüchern von Möchtegern-Autoren abgrenzen.

„Wie ich aufhörte, perfekt sein zu wollen – ein Leitfaden zum Umgang mit peinlichen Situationen aller Art“ ist ein gelungenes Buch, das den Leser sowohl zum Schmunzeln bringt als auch zum Nachdenken anregt.


*Erscheint bei Fischer*

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    Autorin / Autor: anker99 - Stand: 3. April 2017