Gesucht: Die passenden Argumente!

Hilft KI, Verschwörungserzählungen zu widerlegen?

Habt ihr auch Menschen in eurem Umfeld, die von Verschwörungserzählungen besessen sind? Die sich von nichts und niemandem davon abbringen lassen, dass die Mondlandung inszeniert war? Corona entweder gar nicht existiert oder gezielt eingesetzt wurde, um - na ihr wisst schon - uns mit Imfpungen zu vergiften oder wahlweise zu chippen? Dass 9/11 von US-amerikanischen Geheimdiensten wissentlich zugelassen oder gar selbst ausgeführt wurde? Und ist euch auch schon aufgefallen, dass diese Überzeugungen sich absolut hartnäckig halten und Argumente und Belege dagegen wenig helfen?

Spezielle Argumente für spezielle Verschwörungserzählungen

In der Forschung wurde oft argumentiert, dass sich Verschwörungserzählungen so gut halten, weil sie tiefe psychologische Bedürfnisse erfüllen. Möglicherweise kann man derart "Gläubige" aber nur deswegen nicht überzeugen, weil die Argumente nicht gut genug sind? Das ist es, was Forschende um David Rand an der MIT Sloan School of Management vermuten: „Wir haben uns gefragt, ob es möglich ist, dass die Menschen einfach noch keine überzeugenden Beweise erhalten haben, die ihre Theorien widerlegen“, erklärt Rand. „Verschwörungstheorien gibt es in vielen Variationen - die Besonderheiten der Theorie und die Argumente, die sie stützen, unterscheiden sich von Gläubigen zu Gläubigen. Wenn Sie also versuchen, die Verschwörung zu widerlegen, aber diese speziellen Argumente nicht kennen, sind Sie nicht darauf vorbereitet, sie zu widerlegen“. Das Mittel dagegen? Gute Argumente, die sich genau auf den individuellen Verschwörungsglauben beziehen und dazu überzeugende Quellen! Und weil große Sprachmodelle sowohl die Argumente als auch die Quellen perfekt aus dem Ärmel schütteln können, können sie den Forschenden zufolge die die beste Überzeugungsarbeit leisten.

In 10 Minuten überzeugend

Um ihre Theorie zu testen, nutzten die Forscher:innen GPT-4 Turbo, das fortschrittlichste großen Sprachmodell von OpenAI. Damit wurden rund 2.000 Verschwörungsgläubige in Gespräche verwickelt, in denen es um ihren persönlichen verschwörungsglauben ging. Dabei sollten die Teilnehmenden zuerst in eigenen Worten beschreiben, was sie glauben und denken und dazu auch die entsprechende Quellen und Belege vorlegen. Auf dieser Basis wurde dann das Gespräch geführt, bei dem ChatGPT aufgefordert wurde, den jeweiligen Dialogpartner von seinem Verschwörungsglauben abzubringen.

Die Gespräche dauerten in der Regel keine 10 Minuten, das Ergebnis war aber für die Forschenden verblüffend. Im Durchschnitt verringerte sich durch die KI-Gespräche der Glaube der Teilnehmer an die von ihnen gewählte Verschwörungstheorie um etwa 20 %, und etwa jeder vierte Teilnehmer, der zuvor an die Verschwörungstheorie geglaubt hatte, lehnte sie nach dem Gespräch ab. Diese Wirkung erwies sich als dauerhaft, da sie auch zwei Monate nach dem Gespräch noch unvermindert anhielt. Die Wirksamkeit des KI-Gesprächs war nicht auf bestimmte Arten von Verschwörungstheorien beschränkt, sondern zeigte sich bei ganz unterschiedlichen Themen wie z.B. COVID-19 und Betrug bei den US-Präsidentschaftswahlen 2020.

Fakten helfen doch, müssen aber passgenau sein

Bemerkenswert fand das Team auch, dass die Auswirkungen über bloße Veränderungen der Überzeugungen hinausgingen. Die Teilnehmenden bekundeten auch die Bereitschaft, ihr Verhalten zu ändern. Sie waren eher bereit, Menschen, die Verschwörungstheorien im Internet vertraten, nicht mehr zu folgen, und zeigten sich eher bereit, diese verschwörerischen Überzeugungen in Gesprächen in Frage zu stellen.

Für die Forschenden zeigen die Ergebnisse, dass Fakten und Belege zur Widerlegung von Verschwörungsglauben eben doch wichtig und effektiv sind, aber sehr genau auf die Gesprächspartner:innen und ihren individuellen Standpunkt zugeschnitten sein müssen. Die Forschenden warnen zudem, dass KI zwar hervorragend eingesetzt werden könne, um Menschen von ihrem Verschwörungsglauben abzubringen, aber es auch umgekehrt der Fall sein könne. Ein verantwortungsvoller Umgang damit sei darum sehr wichtig.

Quelle:

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Autorin / Autor: Redaktion / pressemitteilung via Eurekalert.org - Stand: 17. September 2024