"Die kleine Hexe" wird sprachlich angepasst
Begriffe wie "Neger" und "wichsen" sind nicht mehr zeitgemäß
Millionen von Kindern sind mit ihnen groß geworden und werden es noch: Die kleine Hexe, Pippi Langstrumpf, der Räuber Hotzenplotz. Nicht selten sind VorleserInnen bei diesen weltberühmten Kinderbuchklassikern aber ins Holpern geraten, etwa wenn Pippis Papa als Negerkönig bezeichnet wird oder die kleine Hexe sich über Neger und Chinesenmädchen wundert. Obwohl der Ausdruck Neger ursprünglich einfach "Schwarzer" bedeutet, hat der Begriff im Laufe der Geschichte einen extrem abwertenden Charakter angenommen. Auch der Duden verweist auf den diskriminierend empfundenen Charakter des Ausdrucks und empfiehlt alternative Bezeichnungen.
Im Fall Pippi Langstrumpf hat der herausgebende Verlag Oetinger darum bereits vor vier Jahren eine sprachliche Anpassung vorgenommen. So wurde damals aus dem "Negerkönig" Ephraim Langstrumpf ein Südseekönig.
*Putzen statt "wichsen"*
Der Thienemann-Verlag, der Preußlers Kinderbuchklassiker "Die kleine Hexe" herausgibt, zieht nun nach und hat angekündigt, die Texte zu modernisieren. So soll der Begriff "Neger" gestrichen und auch eine Modernisierung des Textes bezüglich anderer, dem heutigen Sprachgebrauch nicht mehr üblicher Begriffe vorgenommen werden, wie der Verlag mitteilte.
So soll etwa der vielen Kindern nicht mehr gebräuchliche Ausdruck "wichsen" für putzen oder polieren den Kleinen nicht mehr zugemutet werden. Früher wurden Schuhe gewichst, heute werden sie geputzt. Auch sollen keine Kinder mehr "durchgewichst" werden, ein Begriff, der früher fürs "Verhauen" verwendet wurde.
Die Änderungen werden im Einvernehmen mit dem Autor vorgenommen, der sich offenbar lange dagegen verwahrt hatte, nun aber eingelenkt hat. Mitauslöser für die Entscheidung war offenbar der Leserbrief eines Vaters, der sich darüber beschwert hatte, dass seine dunkelhäutige Tochter beim Vorlesen solch beleidigenden Ausdrücken ausgesetzt sei. Dennoch sind nicht alle glücklich mit den verbannten Begriffen. So meint ein Kommentator in der FAZ, das "Umschreiben ohne Skrupel" bedeute, "Kinder- und Jugendliteratur von vornherein nicht ernst zu nehmen". Wer einen Text umschreibe, um ihm das Anstößige zu nehmen, erreiche damit nur eins: dass über dieses Moment der Irritation nicht mehr gesprochen wird. Und damit über das, was ernsthafte Literatur ausmacht."
Puh!
Allerdings darf man wohl getrost davon ausgehen, dass weder Astrid Lindgren noch Otfried Preußler mit den Begriffen "Neger" oder "durchwichsen" die Art von Irritation bewirken wollten, die diese Begriffe heute verursachen. Insofern darf man den literaturwissenschaftlichen Diskurs im Kinderzimmer sicher auch mal etwas abkürzen. Wer der Literatur als solche seine Ehrerbietung erweisen will, kann sich ja eine ältere Ausgabe besorgen oder seinen Kindern komplizierte Fußnoten erklären. ;-) Ganz sicher aber steht und fällt die literarische Qualität nicht mit dem Begriff Neger!
Lies die Presserklärung des Thienemann-Verlags bei boersenblatt.de
Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 14. Januar 2013