Kleidung reparieren macht glücklich
Beim Wiener re:pair FESTIVAL ging es 2023 schwerpunktmäßig um das Thema Kleidung und das Bekanntmachen einfacher Techniken des Reparierens und Upcyclings. Konstantina H. und ihre beschädigte Hose besuchten das Festival am 21. Oktober 2023 und waren vom vielfältigen Angebot begeistert
Nähkästchen 3.0 / © Konstantina H.
Das Wiener re:pair FESTIVAL geht in die zweite Runde! Dieses Jahr widmete sich die Veranstaltung - nicht ausschließlich, aber als Schwerpunkt - dem Thema Kleidung, da die Fashionindustrie in Bezug auf Nachhaltigkeit und Müllproduktion als besonders problematisch bekannt ist. Mit einem bunten Programm für Groß und Klein sollen einfache Techniken des Reparierens und Upcyclings (kennen-)gelernt werden. Konstantina und ihre beschädigte Hose besuchten das Festival am 21. Oktober 2023 an einem der drei Festival-Standorte, dem Volkskundemuseum Wien. Sie war vom vielfältigen Reparaturangebot begeistert.
Anschauen, zuschauen, lernen
- "Confessions of a T-Shirt"
Im Museum wurde am Tag meines Besuchs eine Mischung aus Workshop-Stationen und Ausstellung angeboten. Im Eingangsbereich wurde ich von einer Storywand "begrüßt" mit dem Titel "Confessions of a T-Shirt" (übersetzt: Bekenntnisse eines T-Shirts). Entlang der Lebensgeschichte eines T-Shirts werden hier Fast Fashion-Produzent:innen (speziell SHEIN) und ihre Müllproduktion und Ressourcenverbräuche problematisiert. Die Notwendigkeit für andere Produktions- wie auch Konsumpraktiken wird so klar und eröffnet den Diskussions- und Lernraum für Alternativen wie Upcycling und Repairing. - Nähkästchen 3.0
In einem kleineren Ausstellungsraum waren dutzende Nähkästchen ausgestellt, die als praktischer Sammelbehälter für Nähzubehör in vielen Köpfen heute vergessen sind. Für mich ein nostalgischer Raum, da ich es als Kind geliebt habe, in den Nähkästchen meiner Großmütter wie in dem meiner Mutter zu stöbern und immer wieder neue Schätze zu entdecken. - Live-Restaurierung
In einem weiteren Nebenraum konnte man einer Studentin der Konservierung und Restaurierung beim Reparieren eines feinen, recht stark beschädigten Textils zusehen. Im Gespräch erklärte sie mir die Technik und ich bewunderte die Ruhe, mit der sie trotz Publikum einen Faden nach dem anderen einnähte.
Mach mit!
Sichtbares Reparieren
Eine Reparatur muss nicht versteckt sein. Bevor ich mir das Programm des Festivals angesehen habe, war mir “Visible Mending” (übersetzt “sichtbares Reparieren") nicht bekannt. Damit ist gemeint, dass mit Flicken und bunten Stickereien ehemalige löchrige Hosenbeine oder Fettflecken auf einem T-Shirt gefüllt oder überdeckt und so wieder tragbar werden. Dabei entstehen wunderschöne bunte Nähte, Muster oder Motive. Im Rahmen des Festivals wurden mehrere kostenlose Mitmach-Workshops von Mitarbeiterinnen des RESI Pop Up Shops angeboten, die sich unter dem Motto Slow Fashion für den nachhaltigen Konsum von Fashion einsetzen. Ihr Fokus dabei: sichtbare Reparatur von Kleidung. Neben solchen Workshops bieten sie auch Reparaturservices an. Oft finden Workshops auch mit Schulklassen statt. Material und Zubehör wird von RESI zur Verfügung gestellt, man bringt selbst einfach die kaputten Kleidungsstücke mit. Ich hatte an dem Tag kein geeignetes Kleidungsstück dabei, aber ich konnte den Austausch zwischen unterschiedlich alten und begabten Menschen beobachten, die alle sichtbar Freude hatten. Und ich plante meinen Besuch für die nächste offene Werkstatt ein.
Materialien für "Visible Mending" von RESI / © Konstantina H.
Komm vorbei!
Textil-Ambulanz
Meine anfangs erwähnte Hose hatte folgendes Problem: Man konnte den Reißverschluss schließen, doch griffen die Zähne nicht mehr richtig ineinander, so ging er oben angelangt unten wieder auf. So konnte ich sie nicht mehr anziehen.
Ulya von der Reparaturwerkstatt Atelier MOE bot am Tag meines Besuchs unter der Betitelung “Ambulanz” schnelle Reparaturservices wie Knopf annähen, aufgetrennte Naht erneuern, eine Hose kürzen an. Sie saß an einem großen Tisch mit Nähmaschine, Garn und Maßband, und seitlich hinter ihr standen Bügeleisen und -brett bereit. Der Service war beliebt, und ich stellte mich mit meiner Hose hinter ein paar Wartenden an. Sofort kam ich mit anderen ins Gespräch. Die junge Frau vor mir erzählte begeistert, wie schnell Ulya ihre Hose gekürzt hatte und jetzt gerade dabei ist, ein Loch einer hinteren Hosentasche zu nähen. Wir besprachen, dass wir beide nicht gut mit Nähmaschinen umzugehen wissen und deshalb unsere Kleidung selten selbst reparieren. Gerne würden wir einfache Tricks lernen, um kleine Reparaturen auch selbst vornehmen zu können.
Bald war ich auch schon dran und übergab meine Hose an Ulya. Der Reißverschluss war alt, stellte sie fest, und spielte ein wenig daran herum. Dann griff sie zu meiner Überraschung zu einer Zange und drückte den Zipper ein wenig zu. Und voila! Der Reißverschluss funktionierte wieder einwandfrei. Sie erklärte und zeigte mir, wie ich das in Zukunft selbst machen könnte. Glücklich, mit meiner reparierten Hose in der Tasche und mit vielen Ideen im Kopf, wie ich auch andere meiner kaputten Klamottenstücke wieder instand setzen konnte, ging ich nach Hause.
Textil-Ambulanz mit Ulya vom Atelier MOE / © Konstantina H.
Tausche aus!
Kleidertausch
Anliegen des re:pair FESTIVALs sind neben einem konkreten Reparaturangebot auch die Änderung unserer Sichtweise und unseres Umgangs mit Ressourcen wie eben Textilien bzw. Kleidung. Ressourcen sind wertvoll. Kleidung sollte nicht nach ein paar Mal tragen im Müll landen. Neben dem Reparieren ist natürlich auch das Tauschen möglich. Ins Programm aufgenommen wurde daher auch ein Kleidertausch der Organisation Wiener Wäsch', mit deren Veranstalterin Melanie ich mich schon einmal ausgetauscht habe (Link zum Artikel findet ihr unten). Das Interesse war groß, das Tauschen wird immer beliebter! Tauscht ihr schon?
“Kleidung reparieren - Natur respektieren”
Das Programm des Festivals machte mir eines ganz klar: Repair-Workshops fördern nicht nur gemeinschaftliches Arbeiten und den Austausch über verschiedene Erfahrungen rund um das Thema Nachhaltigkeit und Kleidung, sondern schaffen auch einen Ort zur Weitergabe und zum Erlernen simpler und bewährter Techniken zur Selbsthilfe bei Löchern, Rissen und anderen Mängeln. Früher war der Umgang mit Ressourcen wie Kleidung und Schuhen ein ganz anderer. Es wurde geflickt bis beispielsweise eine Hose wortwörtlich aus den Nähten fiel. Und selbst dann wurde das Material für andere Zwecke weitergenutzt. Heute entsorgen wir Kleidung mit kleineren und größeren Beschädigungen sehr schnell, obwohl es viele kreative Wege gibt, Klamotten wieder herzurichten. Das kommt gleichzeitig unserem Geldbeutel - und viel wichtiger noch der Natur zugute. "Kleidung reparieren - Natur respektieren" ist der Leitsatz des Atelier MOE und aktiviert hoffentlich bald noch mehr Menschen dazu, bewusster mit ihren Kleidungsstücken umzugehen.
Mein Beitrag zu Wiener Wäsch' zum nachlesen
Ein herzliches Danke an die Organisatorin Tina Zickler sowie den Mitarbeiterinnen von RESI über den Austausch und an Ulya vom Atelier MOE für die Reparatur meines Reißverschlusses.
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Autorin / Autor: Konstantina H. - Stand: 2. November 2023