Können Männer besser zuhören?
Neue Erkenntnisse aus der Aufmerksamkeitsforschung
Es ist ein Klischee, dass Frauen besser (zu)hören können als Männer. Aber stimmt das wirklich? Diese Frage wurde von Wissenschaftlern der Neurologischen Klinik und Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung (HIH) am Universitätsklinikum Tübingen am Beispiel des bekannten "Cocktailpartyphänomens" untersucht. Auf einer Party sind zahlreiche Stimmen aus unterschiedlichen Richtungen gleichzeitig zu hören. Konzentrieren möchten wir uns in einer Gesprächssituation aber nur auf eine Stimme, nämlich die unseres Gegenübers. Hierzu müssen wir uns auf genau diese eine Stimme konzentrieren und gleichzeitig alle anderen Stimmen und Geräuschquellen unterdrücken. Dies stellt eine hohe Anforderung an unser Aufmerksamkeitssystem und tatsächlich ist es so, dass diese Leistung bei Männern besser als bei Frauen ausgeprägt ist. Die ForscherInnen glauben, dass der Grund dafür in unterschiedlichen evolutionären Anforderungen an die beiden Geschlechter liegen könnte. (Cortex, Juni 2011)
Mithilfe unterschiedlich platzierter Lautsprecher, aus denen verschiedene Alltagsgeräusche ertönten, untersuchten Ida Zündorf und Prof. Dr. Dr. Hans-Otto Karnath von der Neurologischen Universitätsklinik und dem Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Zusammenarbeit mit Privatdozent Dr. Jörg Lewald vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund, ob ein Geschlechterunterschied bezüglich der räumlichen Aufmerksamkeitsleistung beim Hören besteht - sprich ob Männer oder Frauen besser ein bestimmtes Geräusch aus mehreren, unterschiedlich lokalisierten Schallquellen "heraushören" können.
Tatsächlich fand sich ein Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern. "Männer können die Schallquelle viel genauer ermitteln als Frauen", so Zündorf. Einerseits überraschend, da doch Frauen diejenigen sind, die angeblich "mehrere Dinge gleichzeitig tun können". Die mögliche Ursache dafür sehen Zündorf und Karnath in der menschlichen Evolution: "Männer waren diejenigen, die jagen, um Nahrung zu besorgen. Dabei waren räumliche Aufmerksamkeitsleistungen extrem wichtig. Sowohl im visuellen als auch im auditorischen Bereich. Beispielsweise konnten Beutetiere durch Geräusche lokalisiert werden, lange bevor sie zu sehen waren. Auch wenn in der heutigen Zeit derartige Funktionen für den Alltag nicht mehr von Nöten sind, so hinterließen sie doch Spuren in der Organisation unseres Gehirns und dementsprechend in unserem Verhalten.
Und was lernen wir aus einer solchen Studie? Dass Männer auch auf Cocktailparties schneller Beutetiere ausmachen können? Besser wahrnehmen, wenn ein anderer "Platzhirsch" in ihr Revier eindringt, um mal bei den blöden Klischees zu bleiben? Zumindest können wir von nun an sicher sein, dass unsere männlichen Gesprächspartner zumindest akustisch bestens gerüstet sind und gescheiterte Gespräche darum wahrscheinlich eine andere Ursache haben müssen ;-).
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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 27. Juni 2011