Lasst mich nicht mit mir alleine
Studie: Beschäftigung mit sich selbst wird gerne vermieden
Seid ihr gerne mit euch alleine? Gebt euch ganz euren Gedanken hin? Beschäftigt euch mit euch selbst? Oder greift ihr dann lieber zu einem Buch oder eurem Phone und lenkt euch mit Musik oder einem Spielchen ab? Die meisten Menschen neigen zu letzterem, das legt zumindest eine Studie von US-amerikanischen Forschern nahe.
Ein Psychologen-Team um Timothy Wilson von der University of Virginia hat in einer Reihe von 11 Studien herausgefunden, dass viele Menschen es überhaupt nicht leiden können, mit sich alleine zu sein und alles tun würden, um dem Kontakt mit den eigenen Gedanken aus dem Weg zu gehen. So bekundeten die Testpersonen - ob StudentInnen oder gemischte Gruppen mit Menschen zwischen 18 und 77 Jahren - in den Experimenten der ForscherInnen wenig Gefallen daran, 6-15 Minuten alleine in einem Raum herumzusitzen und den eigenen Grübeleien nachzuhängen. Durften sie hingegen Musik hören oder lesen, dann empfanden sie die Viertelstunde Einsamkeit als angenehm. Offenbar wollten die Testpersonen schlichtweg irgendwas zu tun haben.
*Lieber Stromstoß als nachdenken?*
Ob dieses Bedürfnis sich sogar auf unangenehme Betätigungen erstreckte, überprüften die ForscherInnen, indem sie den Testpersonen eine extrem fragwürdige Beschäftigung anboten: sie durften sich während der Grübelphase per Knopfdruck selbst Stromstöße verabreichen. Obwohl die Testpersonen vorher angegeben hatten, sie würden im Zweifelsfall lieber Geld bezahlen als einen Stromschlag zu bekommen, waren sie vor lauter Unbehagen, mit ihren Gedanken allein zu sein, sogar bereit, sich selbst Schmerzen zuzufügen: 12 von 18 männlichen Testpersonen machten von dieser drastischen Ablenkung Gebrauch, bei den Frauen waren es immerhin 6 von 24.
Die ForscherInnen waren überrascht, wie wenig Lust ihrer Testpersonen hatten, sich einfach mal ihrem Innenleben zu widmen. Auch wenn viele Menschen (z.B. in der Schule, bei der Arbeit) häufig gedanklich abschweifen oder ins Grübeln geraten und das als angenehm empfinden, bereitet eine Nachdenkphase auf Kommando offensichtlich Unbehagen.
*Angenehme Reise ins Innere fällt schwer*
Die ForscherInnen versuchen nun, die Gründe für diese merkwürdige Abneigung genauer zu erforschen. Sie vermuten, dass der Mensch grundsätzlich geneigt ist, mit der Außenwelt in Kontakt zu treten. Selbst wenn er nachdenkt, bleibt die Umwelt der eigentliche Fokus. Ohne Erfahrung in Meditationstechniken fällt es ihm schwer, eine Reise ins Innere anzutreten, darum sind die meisten dann doch lieber mit externen Dingen beschäftigt, erklärt der Studienleiter Wilson.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 7. Juli 2014