Der Roman „Lauf, Junge, lauf“ des bekannten, israelischen Kinder- und Jugendbuchautors Uri Orlev erzählt die harte Überlebensgeschichte des kleinen jüdischen Jungen Jurek während des Zweiten Weltkriegs in Polen.
*Ständig auf der Flucht*
Jurek ist acht und lebt als Jude mit seiner Familie seit Kriegsbeginn im Warschauer Ghetto. Er ist gerade mit seiner Mutter unterwegs, um Essen zu suchen, als sie auf einmal verschwindet. Da er den Weg zurück nicht kennt, schließt er sich kurzerhand einer Gruppe Waisenkinder an. Es gelingt ihm aus dem Ghetto zu flüchten, und sein Kampf ums Überleben beginnt.
Er lernt, im Wald zu leben, zu jagen und zu stehlen. Er lernt, wie man sich bei einem Bauern vorstellt, wie man auf einem Hof arbeitet, und warum er als Judenjunge nicht mit den anderen Dorfkindern zusammen baden kann. Er lernt, wie man sich bekreuzigt, und woran ein Christ glaubt. Und all das lernt er, um am Leben zu bleiben und erfährt dabei, was es heißt, zu fliehen, zu hungern und was Todesangst bedeutet. Ständig auf der Flucht begegnet er vielen Menschen – Menschen, die zunächst gut erscheinen und ihn dann verraten, und auch Menschen, von denen er glaubt, sie seien auf der bösen Seite, die ihm dann aber helfen. All seine Kraft investiert er darin, sich selbst und sein Leben als Judenjunge zu verleugnen, denn das ist es, was nötig ist, damit er überlebt. Dafür vergisst er sein altes Leben, die Gesichter seiner Familie und sogar seinen wahren jüdischen Namen.
*Der Zweite Weltkrieg in den Augen eines kleinen jüdischen Jungen*
„Lauf, Junge, lauf“ ist die wahre Lebensgeschichte des kleinen Jurek. Wie alles über den Krieg, ist auch dies nicht einfach zu verarbeiten. Wenn man liest und den kleinen, starken Jungen vor sich sieht, dann gibt es immer wieder Momente, in denen es zu viel wird und ich das Buch erst einmal zur Seite legen musste. Umso unglaublicher ist es, dass alles tatsächlich so passiert ist und welche Stärke im kleinen Jurek stecken musste.
Der Roman schafft es einerseits, den Krieg mit seinen Veränderungen für das Leben und die Menschen mit all seinem Schrecken darzustellen und andererseits auch den Blick eines Kindes darauf zu bewahren. Jurek weiß nicht immer, was und warum die Dinge im Land gerade geschehen, aber er ahnt immer instinktiv, wann Gefahr droht.
Diese Geschichte kombiniert mit dem Blick eines Kindes macht es nicht einfach, das Buch zu lesen. Allerdings liegt es nicht daran, dass das Buch nicht lesenswert ist – denn das ist es auf jeden Fall, sondern daran, dass es ein Schicksal beschreibt, dass schwer zu ertragen ist.
*Fazit: Eine Schicksalsgeschichte, die niemanden unberührt lässt*
Es ist die Geschichte über eines von vielen Schicksalen, und hier ist es das Schicksal eines einsamen Kindes im Krieg. Obwohl es leider so viele Kriegsschicksale gibt, ist jedes auf seine Weise einzigartig und tragisch. Doch eines haben all diese Geschichten gemeinsam. Sie zeigen jede die Grausamkeit des Krieges. So ist es hier Jurek, der sein Schicksal im Roman „Lauf, Junge, lauf“ offenbart. Es ist kein Buch, das man, obwohl es sich nicht über viele Seiten erstreckt, in einem locker durchlesen kann. Es ist vielmehr ein Buch mit einer Geschichte, die einen packt und gleichzeitig immer wieder stocken lässt, weil man nicht unberührt bleiben kann. „Lauf, Junge, lauf“ ist kein Unterhaltungsroman, sondern ein Roman über die Schrecken des Krieges. Man sollte also darauf gefasst sein, dass einen das harte Schicksal zu Tränen rührt, aber auch gleichzeitig die Stärke und Klugheit Jureks zum Staunen bringt.
*Erschienen bei Gulliver*
Autorin / Autor: s7illwat3r - Stand: 16. April 2014