Da helfen keine Kochrezepte

Forscherin untersuchte, warum so viele Lebensmittel in der Tonne landen. Schuld sind unter anderem Ungeduld, das Abweichen von ursprünglichen Plänen und die ständige Verfügbarkeit von billigen Fertiggerichten.

Falsch gelagert, vergessen, verschwendet

Lebensmittelverschwendung ist ein riesiges Problem. Die Weltbevölkerung wächst und alle fragen sich sorgenvoll, wie sie dauerhaft und ausreichend ernährt werden kann. Gleichzeitig werden allein in Deutschland pro Kopf jährlich 78 Kilogramm an Lebensmitteln weggeworfen. Mehr als die Hälfte der weggeworfenen Lebensmittel entsteht dabei in privaten Haushalten. Woran genau das liegt, haben nun Forschende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in einer repräsentativen Umfrage genauer beleuchtet. Sie haben dabei den gesamten Prozess unter die Lupe genommen - vom Einkauf bis zu dem Moment, wo der gammelig gewordene Salat, der Eintopf von der Vorwoche und der abgelaufene Quark im Müll landen. Den Forschenden zufolge wurde nämlich bei ähnlichen Untersuchungen bisher immer nur auf einzelne Aspekte geschaut.

Und dann kommt es doch anders...

In der Umfrage wurden die insgesamt 1273 Teilnehmenden zweimal mit mehrmonatigem Abstand befragt und dabei zum einen Informationen zum Lebensmittelkonsum im engeren Sinne erfasst: Welche Produkte wurden in den vergangenen sieben Tagen weggeworfen und warum? Sind auch zubereitete Speisen im Müll gelandet? Zum anderen erfragte Helen Zeidler, die die Studie durchgeführt hat, bei den Personen generelle Einstellungen und Haltungen ab. „Dabei zeigte sich, dass insbesondere solche Personen zum Wegwerfen von Lebensmitteln neigen, die sich zwar Pläne für die Zukunft machen, dann jedoch davon abweichen – etwa im Hinblick auf die Absicht, mehr Sport zu treiben oder Geld zu sparen. Denn solche Vorhaben bringen zwar Vorteile in der Zukunft, sind jedoch in der Gegenwart mit Aufwand verbunden“, so Zeidler.

Vor allem gesunde Lebensmittel werden entsorgt

Solche Menschen kaufen zwar gesunde Produkte ein, deren Zubereitung sei jedoch im Vergleich zu Fertigprodukten oder Snacks aufwendiger, so dass dieser Personenkreis dann vom ursprünglichen Plan abweiche, der beim Einkaufen gefasst wurde. Zugleich seien Obst und Gemüse, aber auch Brot, Milchprodukte und Fleisch verderblicher. Deshalb zeigt die Studie, dass ein Großteil der Lebensmittelverschwendung ausgerechnet durch die Entsorgung gesunder Lebensmittel entstehe, deren Konsum zu lange aufgeschoben werde.

Ooops, da war ja noch ein Topf Nudeln

Zeidler erklärt: „Die überwiegende Mehrheit der Lebensmittel wird bei der Lagerung verschwendet: 57 % der befragten Personen geben an, dass sie in den letzten sieben Tagen zu Hause Lebensmittel gefunden haben, die verdorben waren. Vierundzwanzig Prozent der Personen geben an, dass sie Lebensmittel weggeworfen haben, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten war. Und 20 % der Befragten geben an, Reste weggeworfen zu haben, die im Kühlschrank oder Gefrierschrank zum weiteren Verzehr aufbewahrt wurden.“

Dass man sich beim Einkauf vornimmt, etwas Frisches zu kochen und sich dann abends doch eine Pizza kommen lässt, ist der Forscherin zufolge nichts Besonderes. Die Hälfte der Befragten gab an, von dem abzuweichen, was für die Zukunft geplant war. Das betreffe Menschen in der Stadt, wie auf dem Land, auch das Geschlecht oder der Bildungsgrad spielen hier offenbar kaum eine Rolle. Auffallend fand die Forscherin jedoch, dass ältere Menschen tendenziell weniger Lebensmittel entsorgen würden, ebenso Befragte, die mehr Erfahrung in der Zubereitung von Speisen hätten. Zudem zeige sich, dass Personen die öfter – und vielleicht weniger gezielt – einkaufen, mehr Lebensmittel wegwerfen.

Ungeduld spielt eine Rolle

Zeidler betont, Lebensmittelverschwender:innen sei nicht beabsichtigt. Dass der noch beim Einkauf so verlockende Salat dann doch im Kühlschrank in Vergessenheit gerät, weil man ihn erst zubereiten muss, führt sie auf eine tendenzielle Ungeduld zurück: „Früher waren es gerade die ungesunden Speisen, die in der Zubereitung den größten Aufwand machten. Doch die heutige Verfügbarkeit von vorproduzierten Lebensmitteln hat zu einer grundlegenden Veränderung im Verhalten beigetragen.“

Es braucht mehr als Kochrezepte

Sie glaubt darum auch nicht daran, dass Verbraucher:innen zu wenig über die Zubereitung von Produkten wissen. Es brauche hier mehr als Kochrezepte, denn die Grundlage für dieses Verhalten sei schon in der Kindheit gelegt.

Ein entscheidender Faktor sei stattdessen, dass vorproduzierte Speisen ständig verfügbar seien und das auch noch zu günstigen Preisen. Verständlich, dass viele lieber eine fertige und überaus günstige Linsensuppe aus der Dose oder eine spottbillige Tiefkühllasagne konsumieren, statt sich eine Stunde an den Herd zu stellen.
Die Wissenschaftlerin betont, dass es sinnvoll sein könnte, wenn hier staatliche Hebel benutzt würden, um solche Produkte teurer zu machen - nicht nur für diejenigen, die aus Ungeduld lieber zum Fertiggericht greifen, sondern für alle. Denn Lebensmittelverschwendung habe ohne Zweifel große Kosten für die Gesellschaft insgesamt.

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Autorin / Autor: Pressemitteilung (idw-online) / Redaktion - Stand: 25. April 2023