Los, jetzt sei glücklich!

Das gesellschaftliche Glücklichkeitsgebot sorgt für Druck und kann unglücklich machen, haben Forscher_innen herausgefunden.

Jeder ist seines Glückes Schmied, weiß ein altes Sprichwort. Es suggeriert, dass jede_r glücklich sein kann, wenn er oder sie nur die richtige Einstellung hat. Auch Ratgeber bombardieren uns mit Glücksversprechen, mit Lifestyle-Tipps, Übungen und psychologischen Kniffen. Aber was machen solche Botschaften mit denen, die nun mal nicht glücklich sind? Die in Trauer oder krank sind, unter Armut leiden oder verzweifelt sind? Oder mit denen, die unter Depressionen leiden und die darum weder die vielbeschworene Schokolade noch der x-te Ratgeber von der Traurigkeit erlöst? Eine Studie von Wissenschaftler_innen um Egon Dejonckheere von der niederländischen Tilburg University hat nun gezeigt, dass das Glücklichkeitsgebot erst recht dazu führen kann, dass die Menschen unglücklich sind. In der Studie wurden über 7.400 Teilnehmer in 40 Ländern weltweit befragt. In den Befragungen wurde das subjektive Wohlbefinden ermittelt, aber auch gefragt, wie hoch der Druck empfunden wird, glücklich bzw. nicht depressiv oder traurig zu sein.

Für die Analyse wurde zudem der World Happiness Index (WHI), der jährlich von den Vereinten Nationen ermittelt wird, zu Rate gezogen. Der World Happiness Index gibt nicht das subjektive Empfinden einzelner Bürger_innen wieder, sondern wertet statistisch aus, welche Länder die positivsten Voraussetzungen zum Glücklichsein haben (unter anderem werden Daten zum Bruttoinlandsprodukt, zum sozialen Zusammenhalt und einer gesunden Lebenserwartung ausgewertet).

In der Auswertung der Befragungen im Vergleich zum World Happiness Index zeigte sich, dass vor allem Menschen in Ländern mit hohem Glücksindex den Druck, glücklich zu sein, als besonders belastend empfinden. Sie haben das Gefühl versagt zu haben, weil sie die gesellschaftlichen Glückserwartungen nicht erfüllen können. Es besteht demnach ein enger Zusammenhang zwischen dem Gefühl, glücklich sein zu müssen, und dem Ausmaß, in dem die Menschen tatsächlich Gefühle wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit oder Angst empfinden.

Egon Dejonckheere erklärt: "Unsere Forschung zeigt, dass kulturelle Faktoren eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden spielen. In sehr glücklichen Ländern spielt der soziale Druck, glücklich zu sein, in allen Lebensbereichen eine Rolle: bei der Arbeit, in sozialen Beziehungen und bei der geistigen und körperlichen Gesundheit. Das Streben nach Glück ist allgegenwärtig, in den sozialen Medien, in Selbsthilfebüchern und in der Werbung. Da man nur scheinbar glückliche Menschen sieht, ist es besonders auffällig, wenn man von der Glücksnorm abweicht. Das hat zur Folge, dass Menschen, die der Norm nicht entsprechen, ein negativeres Selbstbild haben und sich noch schlechter fühlen."

Der Forscher und sein Team plädieren darum an Entscheidungsträger_innen, einen gesellschaftlichen Diskurs zu etablieren - etwa mit Kampagnen - der auch negative Emotionen und ihren Wert anerkennt.

Die Ergebnisse der Studie sind im Fachmagazin Scientific Report erscheinen.

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Autorin / Autor: Redaktion / Presseinformation