Lucid Night – Was, wenn wir nicht träumen?
Autorin: Nina Martin
Selena und Ria kennen sich nicht, leben in verschiedenen Ländern und sind sich auch sonst nicht besonders ähnlich. Eines haben jedoch beide gemeinsam: Sie träumen nicht, sondern haben stattdessen die Fähigkeit, in die Träume anderer einzusteigen und diese zu beeinflussen. Selena setzt ihre Gabe schon seit vielen Jahren ein und ist dadurch zu einer mächtigen Traumgängerin geworden. Doch wer ist dieses fremde Mädchen, das sie in letzter Zeit durch die Traumwelten verfolgt und das ihr auf merkwürdige Weise vertraut vorkommt? Unterdessen hat Ria ihre Fähigkeit noch nie ausprobiert – denn eigentlich gibt es gar keine weiblichen Traumgängerinnen. Das zumindest behauptet die einflussreiche Traumunion, die unter dem Motto „Hüter nicht Herrscher“ die Träume der Menschen und die Traumwelt Somna beschützt. Doch als einer der bekanntesten Traumkommissare Rias Können entdeckt, wird all ihr vermeintliches Wissen über weibliche Traumgängerinnen und die wahren Absichten der Traumunion auf den Kopf gestellt.
Ich interessiere mich sehr für luzides Träumen und war daher vom Titel des Buches gleich angesprochen. Es stellte sich zwar schnell heraus, dass die Geschichte sich kaum mit dem tatsächlichen luziden Träumen befasst, aber als Fantasy-Fan war ich davon auch nicht allzu enttäuscht. Zwar haben mir teilweise ein paar ausführlichere Erklärungen oder Beschreibungen gefehlt, die mir geholfen hätten, die Welt noch ein bisschen besser zu verstehen – beispielsweise ist mir im Verlauf des gesamten Buches nicht klar geworden, inwiefern Somna und Corpora, die „echte“ Welt, übereinstimmen – insgesamt konnte ich mich aber gut in das Setting einfinden, das einem nach und nach aus Rias und Selenas Sicht nähergebracht wird.
Dabei waren auch die Charaktere gut und vor allem nachvollziehbar beschrieben. Selena und Ria wachsen einem immer mehr ans Herz und ihre persönlichen Stärken kommen deutlicher zum Ausdruck. Mit zwei weiblichen Hauptfiguren hat es die Autorin geschafft, Frauenpower in das Buch zu bringen, die glaubwürdig ist. Die von ihr beschriebene männlich dominierte Welt, in der Frauen eine grundlegende Fähigkeit nicht nur abgesprochen, sondern sogar aktiv verwehrt wird, um patriarchale Machtstrukturen aufrechtzuerhalten, mag zwar ein wenig plakativ scheinen, kann aber gerade bei jugendlichen Leser_innen bestimmt viel Gutes bewirken. Interessant und gut durchdacht fand ich auch, dass Selena, die außerhalb der nur aus Männern bestehenden Traumunion unterwegs ist, ebenfalls mit ähnlichen Problemen konfrontiert ist. Ein wenig getrübt wurde meine feministische Freude durch Rias Crush, in dessen Gegenwart sie zu Anfang extrem nervös und eingeschüchtert ist, weil er ein berühmter – und natürlich unfassbar gutaussehender – Influencer ist, der sich natürlich nie für die zwar hübsche, aber nicht schöne Ria interessieren würde… oder doch? Aber da auch dieser Aspekt realistisch beschrieben wird, kann er die starken weiblichen Momente nicht kaputt machen.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, es war unterhaltsam und ließ sich sehr schnell und leicht lesen. Gerade jugendlichen Leser_innen, die kein Problem mit einem Cliffhanger am Ende des Buches haben und gern einen zweiten Band lesen würden, kann ich es definitiv empfehlen!
*Erscheint am 27.9.23 bei KJB*
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Autorin / Autor: Rebecca - Stand: 26. Oktober 2023