Macht zusammenziehen dick?
Gesundheitspsychologie: Paare wiegen mehr als Alleinlebende. Die Gewichtszunahme beginnt mit der ersten gemeinsamen Wohnung, sagt eine Studie, in der die Daten von 20.000 Menschen über 16 Jahre ausgewertet wurden.
Paare leben in der Regel gesünder und länger als Singles, heißt es. Aber sie bringen mehr Gewicht auf die Waage als Alleinlebende. Warum das so ist und welche Faktoren dazu führen haben Wissenschaftler_innen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, der Universität Mannheim, der Universität Leipzig und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung untersucht. Sie wollten herausfinden, wie sich die Veränderung von Beziehungen auf das Gewicht auswirkt und haben dafür die Daten von 20.000 Menschen über einen Zeitraum von 16 Jahren ausgewertet.
*Zusammenziehen sorgt für Gewichtszunahme*
Den Ergebnissen zufolge beginnt die zweisame Gewichtszunahme nicht etwa mit dem Zusammenkommen oder einer Eheschließung, sondern mit dem ersten Zusammenziehen. Kochen, gut essen, Großeinkauf am Wochenende, all das macht mehr Spaß zu zweit. Genauso wie auf dem Sofa rumlümmeln, den Sport schwänzen und auch mal den Abend zu Hause verbringen. So nehmen Paare nach dem Zusammenziehen etwa doppelt so viel zu, wie Paare in den ersten vier Ehejahren. Dieser Effekt bleibt bestehen, auch wenn man wichtige Einflüsse wie Alter, Kinderkriegen, Sport, Rauchen, Gesundheitszustand oder Stress herausrechnet. „Das heißt, dass diese Gewichtszunahme vor allem mit der Beziehungsveränderung zusammenhängt. Denn eine Änderung des Beziehungsstatus bedeutet oft auch eine Änderung der alltäglichen Essgewohnheiten – zum Beispiel gemeinsames Frühstücken, das allein vielleicht nicht stattgefunden hätte oder bescheidener ausgefallen wäre. In Gesellschaft isst man in der Regel mehr und nimmt somit mehr Kalorien zu sich“, sagt Ralph Hertwig, Ko-Autor der Studie und Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
*Trennung macht schlank oder die Heiratsmarkthypothese*
Trennen sich Paare, so sinkt der Body-Mass-Index (BMI), der das Körpergewicht eines Menschen in Relation zu seiner Körpergröße setzt, bei Frauen und Männern hingegen wieder weitestgehend auf den Wert vor dem Zusammenziehen, schreiben die Forscher_innen. Das entspreche der Vorhersage der sogenannten Heiratsmarkthypothese, wonach Menschen auf Partnersuche sich um ein niedrigeres Körpergewicht bemühen, da dies [angeblich] mit mehr Attraktivität verbunden werde. Interessanterweise nähmen beide Geschlechter aber bei Scheidungen, die auf Trennungen folgen, am meisten zu. Eine mögliche Erklärung dazu ist, dass viele Menschen – vor allem Männer – bei der Scheidung wieder in einer neuen Beziehung sind, vermuten die Wissenschaftler_innen.
*Beim Zusammenziehen an Gewichtsprävention denken?*
Die Wissenschaftler_innen nehmen die eigentlich romantische Situation - zwei Menschen lieben sich, ziehen zusammen und genießen ihr Zusammenleben in vollen Zügen - zum Anlass über "Präventionsfenster" in Sachen Übergewicht nachzudenken und auszurechnen, wie das Sterblichkeitsrisiko mit der Gewichtszunahme wächst. Sie kritisieren, dass in der Vergangenheit zu wenig auf soziale Einflüsse eingegangen worden sei - ein solcher Einfluss sei eben auch das Zusammenziehen.
Bleibt nur zu hoffen, dass das Gesundheitsgebot und der Wille, das eigene Sterblichkeitsrisiko immer auf dem bestmöglichen Level zu halten, nicht dazu führt, Menschen noch die glücklichsten Zeiten in ihrem Leben zu verleiden. Denn mit dem Zusammenleben zu hadern, weil es das Gewicht steigen lässt, ist sicher auch nicht gesundheitsförderlich. Und sich zu trennen, um wieder abzunehmen, noch weniger. Es spricht natürlich nichts dagegen, auch zu zweit auf eine gesunde Ernährung zu achten.
Die Ergebnisse wurden im Journal Health Psychology veröffentlicht.
Quelle:
Autorin / Autor: Pressemitteilung / Redaktion - Stand: 9. Oktober 2018