„Mulan – Verliebt in Shanghai“ ist bereits im Februar 2016 in der Reihe Hanser erschienen. Es ist der dritte Jugendroman von Susanne Hornfeck, der sich um eine Jugend in Asien dreht, doch während „Torte mit Stäbchen“ und „Ina aus China“ im vergangenen Jahrhundert spielen, kommt die Halbchinesin Mulan ins 2016er Shanghai. Im bevölkerungsreichsten Land der Welt soll Mulan Meinhard aus München zu ihren Wurzeln finden. Denn ihr dreimonatiges Exil mit Sprachschulenaufenthalt kommt nicht von ungefähr: Stück für Stück erfahren wir, wie die 15-jährigen Mulan mit ihrer chinesischen Mutter, die sich den Namen Maike gewählt hat, aneinander gerasselt ist.
Eigentlich hatte der „Halbdrache“, wie Maike sie nennt, nämlich überhaupt keine Lust mehr auf Chinesischunterricht und auf die „Geheimsprache“ mit ihrer Mutter. Den Sinn sah die Teenagerin einfach nicht darin, sie wollte mehr Freizeit mit ihren oberflächlichen Freundinnen, die ihr im Laufe der Reise kaum fehlen. Bei allen tollen Pros für China, die Sprache und die Schriftzeichen vergisst die Autorin leider ein Totschlagargument: Chinesisch ist heutzutage äußerst wichtig für eine berufliche Laufbahn in der Industrie, doch über ihre Zukunft in der Arbeitswelt macht sich die Jugendliche keine Gedanken.
Jedenfalls sind Mulans Yin und Yang nicht in Einklang, also ist sie bei Maikes Halbbruder und dessen Familie angekommen. Und tatsächlich ist Mulan sich nicht nur unsicher, wer sie nun genau ist – ist sie doch überall eine Fremde, eine Ausländerin -, gleichzeitig stellt sie sich immer öfter die Frage, warum ihre Mutter vor all dem geflohen ist. Bald möchte sie zu dieser chinesischen Familie gehören, egal, wie verschroben diese ist: Die Tante ein Seifenopernjunkie, die Oma ehemalige Barfußärztin, also Expertin für TCM (Traditioneller Chinesischer Medizin), der Cousin ist äußerst „erklärbärig“, was zuerst wie eine schlechte Übersetzung klingt, aber schon bald zu seinem Streberimage passt. Mit dem Maogesang der Oma und dem Geekcousin ist Mulan erneut zwischen den Welten.
In der Sprachschule angekommen, lernt sie unter anderem den Klassenopa Kurt Maier kennen, welcher herzallerliebst ist, und die Amerikanerin Junice, die zuerst mit englischem Originalton gefällt, sich doch im Laufe der Geschichte als unsympathisches Tratschweib herausstellt - das hat nichts mit straight forward charme zu tun. Beim heimlichen Weggehen, das ohne Junice jedoch nie stattgefunden hätte. lernt sie dann Nianshen aus Taiwan kennen, der Großvater nannte ihn nach seiner Sehnsucht zur Heimatstadt Shanghai – er versteht sie, da er ebenfalls im quasi eigenen Land Ausländer ist. Es gefällt, dass der Handlungsstrang mit Mulans Schwarm erst sehr spät im Buch auftaucht. So hat Mulan nicht nur Zeit, aufzutauen, sondern sich auch unter die 22 Millionen Einwohner zu mischen, sei es, um Götter um deren Gunst zu bitten, Karaoke zu singen oder einen Ausflug zu einem Wasserdorf zu machen.
Dass Susanne Hornfeck lange in Taiwan gelebt hat, merkt man an Nianshen. So sind seine Geschichtsexkursionen äußerst lehrreich. Überhaupt vermittelt das Buch viele Infos zu China, wie die Sicherheitskontrollen in der U-Bahn oder die Demonstrationen, die die eigene Mutter und die Mao verehrende Großmutter – ausgerechnet Mulans Verbündete in Sachen Nianshen -, entzweite. Zum Glück bringen Briefe und Cousin Licht ins Dunkle, darüber, 1989 wie Studenten auf dem Platz des Himmlischen Friedens niedergeschlagen wurden.
Bei „Mulan – Verliebt in Shanghai“ gefällt vor allem die liebevolle Sprache, die Susanne Hornfeck nutzt. Auch ist es manchmal ganz angenehm, dass Mulan sich nicht tausend Fragen stellt, wie zum Beispiel zum ersten Kuss oder warum Nianshen überhaupt alleine in der Bar war, doch naiv ist sie manchmal im Hinblick auf die Freundschaft mit Junice sowie die Möglichkeit einer Fernbeziehung leider schon. Briefe der Mutter brechen die Handlung immer wieder auf und die Tatsache, dass Familie so sogar ein bisschen mehr als erste Liebe wiegt, ist abwechslungsreich und schön.
*Erschienen bei dtv Verlag*
Autorin / Autor: Simone - Stand: 28. April 2016