Musik hilft in Krisen
Forschung: Das Hören von Musik während des Corona-Lockdowns ging mit niedrigeren Stresswerten und verbesserter Stimmung einher
Wissenschaftler:innen der Universität Wien haben in einer Studie belegt, was die meisten von euch vermutlich schon öfter am eigenen Leib erlebt haben: (Fröhliche) Musik hebt die Stimmung, vor allem dann, wenn alles andere mäßig bis katastrophal verläuft.
So ist wenig überraschend, dass sich viele Menschen weltweit während der Coronapandemie verstärkt der Musik zuwandten, wie beispielsweise dem Musizieren auf dem eigenen Balkon, virtuellen Life-Konzerten oder dem Erstellen und Anhören der eigenen Corona-Musik-Playlist. Bisher wurde jedoch noch nicht ausreichend erforscht, ob Musikhören während des Lockdowns tatsächlich zur Linderung von Stress und Verbesserung der Stimmung beitragen konnte.
In einer großangelegten Alltagsstudie ermittelten die Forscher:innen während des Corona-Lockdowns mithilfe einer speziellen App das Wohlbefinden und die Musikhörgewohnheiten von über 700 Personen aus Österreich und Italien. Die Studie fand von April bis Mai 2020 während des ersten "harten" Lockdowns statt, bei welchem in beiden Ländern strenge Ausgangsbeschränkungen und Schließungen von Schulen, Arbeitsstätten und Freizeiteinrichtungen durchgesetzt wurden. Über einen Link erhielten die Teilnehmenden Zugang zu einer App, anhand derer sie täglich mehrmals Angaben zu ihrem aktuellen Wohlbefinden und ihrem Musikhörverhalten machten. Diese Herangehensweise erlaubte dem Forscherteam Einblicke in den unmittelbaren Alltag während des Lockdowns und ermöglichte es zusätzlich, dynamische Zusammenhänge von Musikhören, Stress und Stimmung über die Zeit hinweg zu untersuchen.
Musikhören im Alltag reguliert Stress und Stimmung im Lockdown
Musik wurde durchschnittlich einmal pro Tag gehört. Allerdings unterschieden sich die Teilnehmenden stark in ihrem Musikhörverhalten und lediglich knapp 9 Prozent der Personen hörten während des gesamten Studienzeitraumes kein einziges Mal Musik. Musik wurde am häufigsten mit dem Ziel der Aktivierung und Entspannung im Alltag gehört, und ein Drittel der Teilnehmenden gab an, selbst ein Musikinstrument zu spielen oder zu singen.
"Wurde Musik im Alltag gehört, so berichteten die Teilnehmenden anschließend geringere Stresswerte, eine verbesserte Stimmungslage und mehr Energie, selbst wenn das Musikhören bereits mehrere Stunden zurücklag", so die Erstautorin Anja Feneberg. Bei sehr hohen Stresswerten zeigten sich die stärksten stressreduzierenden Effekte durch Musikhören und bei sehr niedrigen Energiewerten erzielte Musik den stärksten Zugewinn an Energie. Außerdem zeigten Personen, die während der bereits vergangenen Lockdown-Wochen vermehrt chronischem Stress ausgesetzt waren, die größte Stimmungsverbesserung nach dem Hören von Musik.
Fröhlich klingende Musik wirkte besser
Die Forschenden untersuchten ebenfalls, ob die Art der Musik und die Gründe des Musikhörens eine Rolle spielte. Beurteilten die Teilnehmenden die gehörte Musik als fröhlich, so zeigten sich stärkere Verbesserungen des Stress- und Stimmungsniveaus. "Wir haben zwar nicht erfasst, welche Musikgenres konkret im Alltag gehört wurden, auf Basis bisheriger Forschung können wir jedoch annehmen, dass dieses Ergebnis unabhängig vom Genre ist, solange die Musik individuell als fröhlich empfunden wurde", sagt Letztautor Urs Nater.
Musik zur Ablenkung sorgt eher für mehr Stress
Darüber hinaus zeigte sich, dass das Hören von Musik zur Ablenkung mit höheren Stresswerten einherging. "Das mag zunächst überraschend erscheinen, da Musikhören zur Ablenkung eine naheliegende Strategie zum Umgang mit Krisen wie dem Lockdown erscheint. Jedoch deutet auch weitere Forschung darauf hin, dass Ablenkung keine effektive Strategie zur Krisenbewältigung darstellt. Möglicherweise ist es hilfreicher, sich der aktuellen Situation und deren Folgen zu stellen und Musik als Mittel zur aktiven Entspannung und Aufmunterung zu hören", so Urs Nater.
Musik als günstiges Gegenmittel gegen Lockdown-Stress
Ein chronischer Stressor wie die Corona-Pandemie kann eine starke psychische und soziale Belastung im Alltag darstellen. Erhöhte Stresswerte bedrohen langfristig zudem die psychische und körperliche Gesundheit. Zusammengefasst sprechen die Ergebnisse der Studie dafür, dass Musikhören im Alltag ein einfaches und kostengünstiges Mittel zur Steigerung des Wohlbefindens und der Gesundheit während des Lockdowns darstellt, insbesondere wenn die Musik als fröhlich empfunden wurde.
Die Ergebnisse der Studie wurden in JAMA Network Open veröffentlicht. Sie weisen auf die Chancen von Musik als Mittel zur Bewältigung von Krisenzeiten hin.
Wenn euch also mal die aktuellen Dauerkrisen unter Dauerstress setzen, verschließt nicht die Augen und lenkt euch nicht ab, aber entspannt euch ab und zu mit einer fröhlichen Playlist.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 13. Januar 2023