Mut zur Mitbestimmung

Befragung der IU Internationalen Hochschule ergab: Jüngere sind zufriedener mit Demokratie in Deutschland als Ältere

Während in vielen Medien von der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Demokratie und einer "Entfremdung von Politik" im Allgemeinen die Rede ist, kommt eine aktuelle Studie zum Thema „Demokratie und Bildung“ der IU Internationalen Hochschule (IU) zu einem ganz anderen Ergebnis. Demnach sind knapp die Hälfte der Befragten "sehr" oder "eher zufrieden" mit der Demokratie in Deutschland. Bei der Generation Z (16- bis 25-Jährige) sind es sogar mehr als die Hälfte.

Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie Kessler, Professorin für Soziale Arbeit an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Demokratie-Lernen und politische Bildung, erklärt, warum das so sein könnte: „Junge Menschen sind zufriedener mit der Demokratie, sofern sie in Bildungskontexten häufiger Demokratieerfahrungen und damit ihre eigene Wirksamkeit erleben, auch wenn es nicht direkt um große Politik geht. Diese direkten Beteiligungsmöglichkeiten bei der älteren Generation haben oft gefehlt.“

Bei der Vermittlung demokratischer Werte finden 59 Prozent der Befragten, dass das Bildungssystem die Hauptverantwortung trägt. 92,5 Prozent aller Befragten sind sich einig: Der Erhalt der Demokratie in Deutschland ist ihnen sehr wichtig oder eher wichtig. Diese Ansicht zieht sich übrigens durch alle Generationen, von Generation Z bis zu den Babyboomern.

Wie genau das Bildungssystem allerdings Einfluss nehmen könne, sei eine zentrale Frage. Es reiche nicht aus, lediglich Fächer wie Politikunterricht, Gesellschafts- oder Sozialkunde anzubieten. Bildungseinrichtungen müssten selbst als Erfahrungsräume gestaltet sein, die demokratische Erfahrungen und Selbstwirksamkeit unterstützten, ermöglichen und erlebbar machen, so Kessler.

Wählen ist populär, aktives Engagement eher gering

Die Mehrheit der Befragten (75,1 Prozent) gibt an, regelmäßig zu wählen, gefolgt von 60,3 Prozent, die sich über politische Themen informieren. 51,6 Prozent diskutieren politische Themen mit anderen, während 43,0 Prozent Petitionen unterzeichnen. Weniger verbreitet sind dagegen Aktivitäten wie das Diskutieren in sozialen Medien (19,0 Prozent), die Teilnahme an Demonstrationen (16,1 Prozent) und der Kontakt zu Politiker:innen (11,0 Prozent). Nur 10,1 Prozent geben an, sich generell nicht mit Politik zu beschäftigen. Die Ergebnisse zeigen, Wählen ist die am weitesten verbreitete Form der politischen Beteiligung, während die Möglichkeit zur Teilnahme an anderen politischen Aktivitäten wie Demonstrationen weniger genutzt werden.

„Es ist wichtig, den Wert und die Wertschätzung der Demokratie wieder stärker in der Gesellschaft zu verankern. Dies kann durch Bildung, offene Diskussionen und aktive Teilnahme an der Demokratie geschehen. Es ist entscheidend, allen Menschen den Wert und die Bedeutung der Demokratie nahezubringen und sie zu ermutigen, sich einzubringen“, erklärt Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Alexandra Wuttig, Kanzlerin der IU Internationalen Hochschule.

Herausforderungen in einer Demokratie

Abnehmendes Vertrauen in die Politik ist die am häufigsten genannte Antwort der Befragten (83,5 Prozent) zu den Herausforderungen in einer Demokratie. Als Vorteil wird die Förderung von Menschenrechten von 87,0 Prozent der Befragten am häufigsten genannt, gefolgt von der Möglichkeit zur Mitbestimmung (85,7 Prozent), der Gewährleistung von Meinungs- und Pressefreiheit (85,1 Prozent), dem Ausbau des Friedens (82,7 Prozent) und der Anerkennung politischer Meinungsvielfalt und Diskurs (79,0 Prozent).

Bildung als Schlüssel zur Demokratie?

Als hauptverantwortlich für die Vermittlung demokratischer Werte sehen mehr als die Hälfte der Befragten das Bildungssystem. Zwischen den Generationen zeigen sich aber Unterschiede: Während die Babyboomer das Elternhaus häufiger in der Hauptverantwortung sehen (57,9 Prozent), sind es für die Generation Z das Bildungssystem (60,8 Prozent) und die Medien (51,5 Prozent).

Insgesamt informieren sich die Befragten am häufigsten über Nachrichtensendungen im Fernsehen (55,2 Prozent), gefolgt von Online-Nachrichtenportalen (47,8 Prozent). 58,8 Prozent der jungen Menschen bis 25 Jahre nennen soziale Medien als hauptsächlich genutzte Quelle, wenn es um politische (Weiter-)Bildung geht. Die Generation Z gibt zudem mit 35,6 Prozent an, schon einmal KI-Technologien wie ChatGPT als Quelle für politi­sche Informationen genutzt zu haben. In der Generation der Babyboomer sind es nur 11,6 Prozent.

Für mehr als 4 von 5 Menschen in Deutschland gilt: Bildung kann dabei helfen, informierte Entscheidungen bei Wahlen zu treffen. Fehlende Bildung sehen 79,0 Prozent der Befragten als eine potenzielle Bedrohung für die Demokratie an. Allerdings stimmen auch 66,6 Prozent der Aussage zu, dass Bildung keine Garantie für eine funktionierende Demokratie ist.

Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie Kessler sagt: „Informierte Entscheidungen bei Wahlen zu treffen setzt voraus, dass Menschen in der Lage sind, politische Urteile zu fällen. Bildung sollte also eine ganzheitliche Position einnehmen. Das bedeutet, nicht nur Wissen über Politik und das politische System zu vermitteln, sondern auch praktische Erfahrungen zur Beteiligung zu ermöglichen, um demokratische Werte zu stärken.“

Für die Studie befragte die IU 1.213 Menschen zwischen 16 und 65 Jahren, repräsentativ für die deutsche Bevölkerung nach Alter und Geschlecht. Die Befragung wurde vom 17.05.2024 bis 29.05.2024 durchgeführt.

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Autorin / Autor: Rdedaktion/ Pressemitteilung - Stand: 14. August 2024