Nachrichten als Beziehungskiller?
Wenn Paare in politischen Fragen unterschiedlicher Meinung sind, kann der Medienkonsum zum Streitauslöser werden
Themen, über die sich streiten lässt, gibt es gerade in den aktuellen von Krisen geprägten Zeiten zuhauf. Insbesondere bei Paaren mit unterschiedlichen politischen Meinungen kann dies zu herausfordernden Situationen im Alltag führen. Der/die eine möchte vor Wut am liebsten das Handy in die Ecke schmeißen, wenn er oder sie Nachrichten zu einem bestimmten Thema sieht, der/die andere zuckt nur müde mit den Schultern und findet das gar nicht der Rede wert. Da ist Streit vorprogrammiert. Auch die Fragen, ob, und wenn ja, welche Nachrichten oder politischen Sendungen man gemeinsam anschaut, welche Zeitungen abonniert werden oder ob sich jeder nur noch für sich allein informiert, können zu Konflikten in der Beziehung führen.
Zu dieser Erkenntnis kommt Emily Van Duyn, Kommunikationsprofessorin an der US-amerikanischen University of Illinois Urbana-Champaign, in einer Studie mit 67 Teilnehmenden, deren Partner:innen eine andere politische Einstellung haben als sie selbst. In den USA spielen politische Differenzen aktuell eine besonders große Rolle - nicht nur gesellschaftlich, sondern auch im privaten Bereich - etwa, wenn in einer Beziehung eine Person absoluter Trump-Fan ist und die andere eher Anhänger:in der Demokraten.
Nachrichtenkonsum als ständiger Herd für Konflikte
Van Duyn entschied sich dafür, von jedem Paar nur einen Partner zu befragen, damit die Teilnehmenden sich wohlfühlen und frei sprechen können, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Beziehung darunter leidet oder sie sich durch die Ansichten ihrer Partner:innen eingeschränkt fühlen. Um die Privatsphäre der Befragten zu schützen, die über Anzeigen in sozialen Medien rekrutiert wurden, wurden in der Studie Pseudonyme verwendet.
Bei der Studie zeigte sich, dass das Thema Nachrichtenkonsum ein ständiger Herd für Konflikte war. Während einige durchaus versuchten, Nachrichtenkanäle zu finden, mit denen beide leben konnten, verfolgten andere Medien, die ihren politischen Ansichten entsprachen, nur noch heimlich. Bei einigen führten die Konflikte während des gemeinsamen Nachrichtenkonsums dazu, dass sie den gemeinsamen Nachrichtenkonsum komplett vermieden.
Diesen Prozess des Verhandelns, was man nun noch gemeinsam gucken kann, was nicht, welchen Nachrichten man gemeinsam besser aus dem Weg geht, bezeichnet die Forscherin als "negotiated exposure" (sozusagen die Verhandlung darüber, welchen Inhalten man sich aussetzt). Dieser Prozess des Verhandelns (von Kompromissen über den Konflikt bis zum Verheimlichen) und die daraus entstehenden zwischenmenschlichen Konflikte würde sich gegenseitig verstärken, ist die Forscherin überzeugt.
So gaben einige der Nachrichten vermeidenden Studienteilnehmenden an, unter verstärkten Konflikten in ihrer Beziehung oder psychischen Problemen wie Angstzuständen zu leiden.
Die Studie ist im Fachmagazin Political Communication veröffentlicht und wurde vom Institut für Humanstudien der George Mason University finanziert.
Eine echte Herausforderung
Schlussendlich sind natürlich nicht die Nachrichten der Beziehungskiller, sondern vor allen Dingen derZustand, dass in Partnerschaften mit politischen Differenzen Werte nicht von beiden gleichermaßen geteilt werden, die für die einzelne Person aber wichtig sind. Häufig - und das ist sicher in den USA besonders intensiv zu beobachten - stehen sich auch Positionen sehr radikal gegenüber, ohne all die Schattierungen, die für konstruktive Diskussionen und gegenseitigen Respekt nötig wären. In Beziehungen sind krasse politische Gegensätze darum eine echte Herausforderung. Ob man sich ihr stellen will, hängt dann vermutlich davon ab, wie wichtig beiden die politische Position ist und was sie in der Beziehung sonst zusammenhält.
Quelle:
Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 19. Januar 2024